Worum geht es?
KLARpsy-Texte bereiten Forschungsergebnisse aus der Psychologie für die Öffentlichkeit auf. Dieser KLARpsy-Text wurde von Mitarbeitenden des Leibniz-Instituts für Psychologie verfasst. Der KLARpsy-Text fasst die Übersichtsarbeit mit dem Titel The Disclosure of Bad News Over the Phone vs. in Person and its Association with Psychological Distress: A Systematic Review and Meta-Analysis zusammen. Diese Übersichtsarbeit beinhaltet eine Metaanalyse. Die Übersichtsarbeit wurde 2023 veröffentlicht. Sie stammt von Jonas Mueller und neun weiteren Forschenden von der Universitätsklinik Basel und der Universität Basel in der Schweiz.
Was war das Ziel der Übersichtsarbeit?
Hintergrund:
Schlechte Neuigkeiten zu erhalten, zum Beispiel die Diagnose einer schweren Krankheit, ist eine einschneidende Erfahrung. Lange ging man davon aus, dass es besser für die Betroffenen ist, eine solche Nachricht persönlich auszurichten. In manchen Situationen, etwa, wenn es schnell gehen muss oder während einer Pandemie, bleibt jedoch auch für schlimme Nachrichten nur der telefonische Weg. Ob die psychische Belastung, die von der Nachricht ausgeht, dann größer ist, ist noch unklar.
Forschungsfrage:
Mit ihrer Übersichtsarbeit wollten die Forschenden herausfinden:
- Unterscheidet sich die psychische Belastung von Menschen, die eine schlechte Neuigkeit am Telefon oder persönlich erhalten haben?
- Unterscheidet sich die Zufriedenheit darüber, wie die schlechte Neuigkeit mitgeteilt wurde, abhängig davon, ob die Betroffenen persönlich oder telefonisch davon erfahren haben?
Wie sind die Forschenden in der Übersichtsarbeit vorgegangen?
Welche Studien haben die Forschenden für die Übersichtsarbeit gesucht?
Die Forschenden suchten nach Studien, die die psychische Belastung oder Zufriedenheit nach entweder der persönlichen oder telefonischen Mitteilung einer schlechten Neuigkeit miteinander verglichen. Die Betroffenen mussten erwachsen sein.
Welche Studien haben die Forschenden für die Übersichtsarbeit gefunden?
Die Forschenden fanden insgesamt 9 Studien aus den Jahren 1997 bis 2021, deren Ergebnisse sie mit einer Metaanalyse zusammenfassen konnten. Das sind Ergebnisse von insgesamt 1 284 Erwachsenen. Diese hatten persönlich oder telefonisch die Nachricht erhalten, dass sie an einer schweren Krankheit leiden oder ein hohes genetisches Risiko dafür haben. Die meisten Betroffenen stammten aus den USA, Australien und Europa. Wie viele jeweils Frauen oder Männer waren, ist unklar.
Was haben die Forschenden in der Übersichtsarbeit gemacht?
In den 9 Studien schauten die Forschenden, ob sich die psychische Belastung und Zufriedenheit der Betroffenen unterschied, je nachdem ob sie die schlechte Neuigkeit telefonisch oder persönlich erhalten hatten.
Was haben die Forschenden in der Übersichtsarbeit untersucht?
Folgende Merkmale haben die Forschenden untersucht:
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Format: Wie haben die Menschen die schlechten Neuigkeiten erfahren?
- telefonisch: durch einen Anruf
- persönlich: durch einen persönliches Gespräch vor Ort
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psychische Belastung nach den schlechten Neuigkeiten
- Angst
- depressive Beschwerden
- Merkmale eines Traumas, zum Beispiel Alpträume und starke Anspannung
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Wie zufrieden waren die Menschen damit, wie sie die schlechte Neuigkeit erfahren haben?
Hinweis der KLARpsy-Autor:innen
Sollten Ihnen Begriffe in diesem Abschnitt nicht vertraut sein, finden Sie eine Erklärung im KLARsaurus-Wörterbuch.
Was sind die wichtigsten Ergebnisse?
- Die psychische Belastung nach einer schlechten Neuigkeit unterschied sich nicht bedeutsam zwischen Menschen, die davon telefonisch oder persönlich erfahren hatten. Angst, depressive Beschwerden und Merkmale eines Traumas waren in beiden Gruppen ähnlich hoch.
- Die Menschen, die die schlechte Neuigkeit telefonisch oder persönlich erfahren hatten, waren auch ähnlich zufrieden damit, wie die Neuigkeit mitgeteilt wurde. Die Zufriedenheit unterschied sich nicht bedeutsam zwischen beiden Gruppen.
Wie lassen sich die Ergebnisse bewerten?
Was ist die Ursache für die Ergebnisse?
In der Übersichtsarbeit wurden keine bedeutsamen Unterschiede in der psychischen Belastung und Zufriedenheit bei Menschen beobachtet, die eine schlechte Neuigkeit telefonisch oder persönlich erhalten hatten.
Sind die Ergebnisse durch eingeschränktes Veröffentlichen von Studien verzerrt?
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Worum geht es? Eindeutige Forschungsergebnisse lassen sich leichter veröffentlichen als uneindeutige Ergebnisse. Das ist für Übersichtsarbeiten problematisch. Sie können unveröffentlichte Ergebnisse nämlich nicht berücksichtigen.
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Was bedeutet das für die vorliegende Übersichtsarbeit? Die Forschenden machen keine Angaben dazu, ob es Hinweise auf solche Verzerrungen gibt.
Wie zuverlässig sind die Ergebnisse?
Die Forschenden merken an, dass es insgesamt nur wenige Studien gab, die ihre Fragestellung untersucht haben. Diese Studien hatten selbst eher wenige Teilnehmende. Außerdem weisen die meisten der Studien ein hohes Risiko dafür auf, in irgendeiner Weise verzerrt zu sein. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn die Studien nur ausgewählte Ergebnisse berichten. Insgesamt macht dies das Ergebnis der Übersichtsarbeit unsicherer.
Welchen Alltagsbezug sehen die Forschenden in der Übersichtsarbeit?
Die Forschenden schließen aus ihrer Übersichtsarbeit, dass es in der Regel für Betroffene keine größere Belastung bedeutet, wenn sie eine schlechte Neuigkeit telefonisch statt persönlich erhalten. Sie betonen, dass es wahrscheinlich vor allem darauf ankommt, dass das Gespräch selbst einfühlsam geführt wird.
Was ist noch zu beachten?
Wer hat die Übersichtsarbeit finanziert?
Die Forschenden wurden durch zwei Stiftungen finanziell gefördert. Der Schweizerische Nationalfonds ist eine Stiftung zur Förderung der Forschung im Auftrag des schweizerischen Staates. Die “Gottfried & Julia Bangerter-Rhyner”-Stiftung ist eine private Stiftung zur Förderung medizinischer Forschung.
Berichten die Forschenden in der Übersichtsarbeit eigene Interessenkonflikte?
Die Forschenden berichten, dass keine Interessenkonflikte bei ihnen vorliegen.