Worum geht es?
KLARpsy-Texte bereiten Forschungsergebnisse aus der Psychologie für die Öffentlichkeit auf. Dieser KLARpsy-Text wurde von Mitarbeitenden des Leibniz-Instituts für Psychologie verfasst. Der KLARpsy-Text fasst die Übersichtsarbeit mit dem Titel The relationship between the perception of major life events and depression: A systematic scoping review and meta-analysis zusammen. Diese Übersichtsarbeit beinhaltet eine Metaanalyse. Die Übersichtsarbeit wurde 2024 veröffentlicht. Sie stammt von Peter Haehner und fünf weiteren Forschenden von den Universitäten Bochum, Zürich und Göttingen.
Was war das Ziel der Übersichtsarbeit?
Hintergrund:
Bedeutende Lebensereignisse, zum Beispiel eine Scheidung, wirken sich nachhaltig auf das eigene Leben aus. Wichtig ist dabei, wie man selbst das Ereignis wahrnimmt und bewertet. Einige Theorien legen nahe, dass die Bewertung entscheidend dafür ist, ob Menschen depressive Beschwerden entwickeln. Andersherum könnten Menschen mit depressiven Beschwerden solche Ereignisse aber auch negativer bewerten.
Forschungsfrage:
Mit ihrer Übersichtsarbeit wollten die Forschenden herausfinden:
- Wie hängen die Bewertung bedeutender Lebensereignisse und depressive Beschwerden zusammen? Hier schauten sich die Forschenden nur den Zusammenhang an, ohne die Ursachen zu überprüfen.
- Bewerten Menschen mit depressiven Beschwerden später auftretende bedeutende Lebensereignisse eher negativ? Und umgekehrt: Haben Menschen, die bedeutende Lebensereignisse negativ bewerten, später eher depressive Beschwerden?
Wie sind die Forschenden in der Übersichtsarbeit vorgegangen?
Welche Studien haben die Forschenden für die Übersichtsarbeit gesucht?
Die Forschenden suchten nach Studien dazu, wie die Bewertung bedeutender Lebensereignisse und depressive Beschwerden bei Erwachsenen zusammenhängen.
Welche Studien haben die Forschenden für die Übersichtsarbeit gefunden?
Die Forschenden fanden insgesamt 172 Studien. Aus diesen Studien konnten sie insgesamt 420 Ergebnisse in einer Metaanalyse zusammenfassen.
Was haben die Forschenden in der Übersichtsarbeit gemacht?
In den 172 Studien schauten die Forschenden, wie die Bewertung bedeutender Lebensereignisse und depressive Beschwerden zusammenhingen. Sie schauten außerdem, ob die Bewertung der Lebensereignisse sich auf spätere depressive Beschwerden auswirkte. Und umgekehrt, ob Menschen mit bestehenden depressiven Beschwerden spätere Lebensereignisse negativer bewerteten.
Was haben die Forschenden in der Übersichtsarbeit untersucht?
Folgende Merkmale haben die Forschenden untersucht:
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depressive Beschwerden
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persönliche Bewertung eines tatsächlichen oder vorgestellten bedeutenden Lebensereignisses, zum Beispiel Trennung
- zum Beispiel: Wie bedrohlich finde ich das Ereignis?
Hinweis der KLARpsy-Autor:innen
Sollten Ihnen Begriffe in diesem Abschnitt nicht vertraut sein, finden Sie eine Erklärung im KLARsaurus-Wörterbuch.
Was sind die wichtigsten Ergebnisse?
- Die Bewertung bedeutender Lebensereignisse und depressive Beschwerden hingen zusammen. Menschen, die Ereignisse eher negativ bewerteten, hatten eher depressive Beschwerden. Die Korrelation r beschreibt den Zusammenhang. Diese kann im positiven Bereich Werte zwischen 0 und 1 annehmen. Die Korrelation r betrug hier 0.28. Das ist ein kleiner Zusammenhang.
- Die Bewertung bedeutender Lebensereignisse hing mit depressiven Beschwerden zu einem späteren Zeitpunkt zusammen. Je negativer die Bewertung war, desto stärker waren später die depressiven Beschwerden. Die Korrelation r betrug 0.26. Das ist ein kleiner Zusammenhang.
- Depressive Beschwerden hingen mit der Bewertung bedeutender Lebensereignisse zu einem späteren Zeitpunkt zusammen. Je stärker die depressiven Beschwerden waren, desto negativer wurden spätere Ereignisse bewertet. Die Korrelation r betrug 0.17. Das ist ein kleiner Zusammenhang.
Wie lassen sich die Ergebnisse bewerten?
Was ist die Ursache für die Ergebnisse?
Die Übersichtsarbeit berichtet einen Zusammenhang zwischen der Bewertung bedeutender Lebensereignisse und depressiven Beschwerden. Wegen der Art der Studien, die berücksichtigt wurden, weiß man nur, dass beides zusammenhängt. Man kann nicht sicher sagen, dass die Bewertung die Ursache für die depressiven Beschwerden ist. Oder dass die depressiven Beschwerden die Ursache für die Bewertung sind.
Sind die Ergebnisse durch eingeschränktes Veröffentlichen von Studien verzerrt?
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Worum geht es? Eindeutige Forschungsergebnisse lassen sich leichter veröffentlichen als uneindeutige Ergebnisse. Das ist für Übersichtsarbeiten problematisch. Sie können unveröffentlichte Ergebnisse nämlich nicht berücksichtigen.
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Was bedeutet das für die vorliegende Übersichtsarbeit? Die Forschenden fanden keine Hinweise auf solche Verzerrungen. Sie nehmen deshalb an, dass der Zusammenhang ähnlich groß ist wie in ihrer Übersichtsarbeit berechnet.
Wie zuverlässig sind die Ergebnisse?
Der Forschenden geben zu bedenken, dass sie nur Studien mit Erwachsenen berücksichtigt haben. Über den Zusammenhang bei Kindern und Jugendlichen können sie also keine Aussage treffen. Außerdem stützen sich die Ergebnisse auf Selbstauskünfte der Teilnehmenden. Manchmal sind diese verzerrt, zum Beispiel durch die aktuelle Stimmung.
Welchen Alltagsbezug sehen die Forschenden in der Übersichtsarbeit?
Die Forschenden regen an, stärker darauf zu achten, wie Menschen bedeutende Lebensereignisse bewerten. Möglicherweise könnte sich das darauf auswirken, ob sie später depressive Beschwerden haben. Um das sicher beurteilen zu können, ist aber mehr Forschung nötig.
Was ist noch zu beachten?
Wer hat die Übersichtsarbeit finanziert?
Ein Forscher wurde durch ein Stipendium der Studienstiftung des Deutschen Volkes finanziell unterstützt. Der Beitrag einer Forscherin zur Übersichtsarbeit wurde durch finanzielle Mittel der Deutschen Forschungsgemeinschaft ermöglicht. Beides sind öffentliche Einrichtungen zur Förderung von Wissenschaft.
Berichten die Forschenden in der Übersichtsarbeit eigene Interessenkonflikte?
Die Forschenden berichten, dass keine Interessenkonflikte bei ihnen vorliegen.