Worum geht es?
KLARpsy-Texte bereiten Forschungsergebnisse aus der Psychologie für die Öffentlichkeit auf. Dieser KLARpsy-Text wurde von Mitarbeitenden des Leibniz-Instituts für Psychologie verfasst. Der KLARpsy-Text fasst die Übersichtsarbeit mit dem Titel The role of Need for Cognition in well-being–Review and meta-analyses of associations and potentially underlying mechanisms zusammen. Diese Übersichtsarbeit beinhaltet eine Metaanalyse. Die Übersichtsarbeit wurde 2024 veröffentlicht. Sie stammt von Josephine Zerna und zwei weiteren Forschenden von den Technischen Universitäten Dresden und Chemnitz.
Was war das Ziel der Übersichtsarbeit?
Hintergrund:
Menschen unterscheiden sich darin, wie gerne sie geistig herausgefordert werden. Sie nehmen dann eher an anspruchsvollen Aktivitäten teil, die viel Nachdenken erfordern. Sie haben zum Beispiel Spaß am Lösen von Rätseln. Einzelne Forschungsergebnisse weisen darauf hin, dass das auf Dauer zu mehr Wohlbefinden führen kann. Menschen mit einem hohen Bedürfnis nach geistigen Herausforderungen könnten nämlich zum Beispiel lernen mit Problemen besser umzugehen. Ob es diesen Zusammenhang wirklich gibt, ist aber noch unklar.
Forschungsfrage:
Mit ihrer Übersichtsarbeit wollten die Forschenden herausfinden: Wie hängt das Bedürfnis nach geistiger Herausforderung mit dem Wohlbefinden zusammen?
Wie sind die Forschenden in der Übersichtsarbeit vorgegangen?
Welche Studien haben die Forschenden für die Übersichtsarbeit gesucht?
Die Forschenden suchten nach Studien zu dem Bedürfnis nach geistiger Herausforderung und Wohlbefinden. Die Studien mussten den Zusammenhang zwischen beiden Merkmalen bei Erwachsenen untersuchen.
Welche Studien haben die Forschenden für die Übersichtsarbeit gefunden?
Die Forschenden fanden mehrere Arten von niedrigem und hohem Wohlbefinden. Je nach betrachteter Art des Wohlbefindens fanden sie zwischen 7 und 41 Studien aus den Jahren 1984 bis 2022, die sie mit einer Metaanalyse zusammenfassen konnten. Insgesamt waren das Ergebnisse von über 21 556 Erwachsenen. Die meisten Studien kamen aus den USA, Kanada, Deutschland sowie aus anderen Ländern in Europa.
Was haben die Forschenden in der Übersichtsarbeit gemacht?
In den 7 bis 41 Studien schauten die Forschenden, wie das Bedürfnis nach geistiger Herausforderung mit den verschiedenen Arten von Wohlbefinden zusammenhing.
Was haben die Forschenden in der Übersichtsarbeit untersucht?
Die Forschenden untersuchten folgende Merkmale von Erwachsenen:
- Bedürfnis nach geistiger Herausforderung
- Wohlbefinden
- Anzeichen für niedriges Wohlbefinden - zum Beispiel: Angst, schlechte Stimmung, Burnout
- Anzeichen für hohes Wohlbefinden - zum Beispiel: Zufriedenheit mit dem Leben oder der Arbeit, gute Stimmung
Hinweis der KLARpsy-Autor:innen
Sollten Ihnen Begriffe in diesem Abschnitt nicht vertraut sein, finden Sie eine Erklärung im KLARsaurus-Wörterbuch.
Was sind die wichtigsten Ergebnisse?
- Menschen mit einem größeren Bedürfnis nach geistiger Herausforderung…
- hatten weniger Anzeichen für ein niedriges Wohlbefinden. Sie hatten zum Beispiel weniger Angst oder schlechte Stimmung und seltener Burnout. Die Zusammenhänge waren klein. Das Maß des Zusammenhangs lag jeweils zwischen 0.14 und 0.25.
- hatten dafür mehr Anzeichen für ein hohes Wohlbefinden. Sie waren zum Beispiel zufriedener und hatten eine bessere Stimmung. Auch diese Zusammenhänge waren klein. Das Maß des Zusammenhangs lag jeweils zwischen 0.20 und 0.25.
Wie lassen sich die Ergebnisse bewerten?
Was ist die Ursache für die Ergebnisse?
In der Übersichtsarbeit hing das Bedürfnis nach geistiger Herausforderung mit dem Wohlbefinden von Erwachsenen zusammen. Wegen der Art der Studien, die berücksichtigt wurden, kann man allerdings nicht mit Sicherheit sagen, dass ein höheres Bedürfnis nach geistiger Herausforderung die Unterschiede im Wohlbefinden verursacht. Oder anders herum: Dass ein höheres Wohlbefinden zu einem höheren Bedürfnis nach geistiger Herausforderung führt.
Sind die Ergebnisse durch eingeschränktes Veröffentlichen von Studien verzerrt?
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Worum geht es? Eindeutige Forschungsergebnisse lassen sich leichter veröffentlichen als uneindeutige Ergebnisse. Das ist für Übersichtsarbeiten problematisch. Sie können unveröffentlichte Ergebnisse nämlich nicht berücksichtigen.
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Was bedeutet das für die vorliegende Übersichtsarbeit? Die Forschenden fanden nur geringfügige Hinweise auf solche Verzerrungen. Sie nehmen deshalb an, dass die gefundenen Zusammenhänge tatsächlich ähnlich groß sind wie in ihrer Übersichtsarbeit berechnet.
Wie zuverlässig sind die Ergebnisse?
Die Forschenden geben zu bedenken: Die meisten berücksichtigten Studien untersuchten Studierende. In dieser Gruppe ist das Bedürfnis nach geistiger Herausforderung aber sowieso eher hoch. Kinder und Jugendliche sowie Menschen mit psychischen Störungen wurden nicht untersucht. Die Forschenden können deshalb nicht sagen, ob sich die Ergebnisse ihrer Übersichtsarbeit auf solche Gruppen übertragen lassen.
Welchen Alltagsbezug sehen die Forschenden in der Übersichtsarbeit?
Die Forschenden schließen aus der Übersichtsarbeit, dass Menschen mit einem hohen Bedürfnis nach geistiger Herausforderung oft glücklicher und zufriedener sind. Das könnte daran liegen, dass sie gründlich über Ereignisse und ihr Verhalten nachdenken. Sie könnten so selbstsicherer werden und auch geübter darin sein, Probleme zu lösen. Die Forschenden merken aber auch an, dass eine hohe Selbstsicherheit unter bestimmten Umständen zu übermäßiger Zuversicht führen kann.
Was ist noch zu beachten?
Wer hat die Übersichtsarbeit finanziert?
In der Übersichtsarbeit können keine Angaben dazu gefunden werden, wie diese finanziert wurde.
Berichten die Forschenden in der Übersichtsarbeit eigene Interessenkonflikte?
Die Forschenden berichten, dass keine Interessenkonflikte bei ihnen vorliegen.