Worum geht es?
KLARpsy-Texte bereiten Forschungsergebnisse aus der Psychologie für die Öffentlichkeit auf. Dieser KLARpsy-Text wurde von Mitarbeitenden des Leibniz-Instituts für Psychologie verfasst. Der KLARpsy-Text fasst die Übersichtsarbeit mit dem Titel Meta-analysis of action video game impact on perceptual, attentional, and cognitive skills zusammen. Diese Übersichtsarbeit beinhaltet eine Metaanalyse. Die Übersichtsarbeit wurde 2018 veröffentlicht. Sie stammt von Benoit Bediou und fünf weiteren Forschenden von der Universität Genf und drei weiteren Instituten.
Was war das Ziel der Übersichtsarbeit?
Hintergrund:
Viele Menschen spielen Action-Videospiele. Einige Studien haben schon untersucht, welche geistige Fähigkeiten durch solche Spiele trainiert werden. Geistige Fähigkeiten, die in dem Zusammenhang interessant sind, sind zum Beispiel räumliche Orientierung oder Problemlösen.
Forschungsfrage:
Wie wirken sich Action-Videospiele auf verschiedene geistige Fähigkeiten aus?
Wie sind die Forschenden in der Übersichtsarbeit vorgegangen?
Welche Studien haben die Forschenden für die Übersichtsarbeit gesucht?
Die Forschenden suchten nach Studien mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Die Studien mussten untersuchen, wie sich Personen, die Action-Videospiele spielen, in verschiedenen geistigen Fähigkeiten von Personen unterscheiden, die diese nicht spielen.
Welche Studien haben die Forschenden für die Übersichtsarbeit gefunden?
Die Forschenden fanden insgesamt 116 Studien aus den Jahren 2000 bis 2015. Aus diesen Studien konnten sie 195 Ergebnisse aus Querschnittsstudien mit einer ersten Metaanalyse zusammenfassen. Weitere 90 Ergebnisse aus Längsschnittstudien konnten sie mit einer zweiten Metaanalyse zusammenfassen.
Was haben die Forschenden in der Übersichtsarbeit gemacht?
In den Querschnittstudien schauten die Forschenden, ob Personen, die Action-Videospiele spielen, bessere geistige Fähigkeiten haben als Personen, die diese nicht spielen. In den Längsschnittstudien schauten sie, ob das Action-Videospielen die besseren geistigen Fähigkeiten tatsächlich auch verursacht.
Was haben die Forschenden in der Übersichtsarbeit untersucht?
Folgende Merkmale wurden untersucht:
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Ob Personen Action-Videospiele spielen oder nicht
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Geistige Fähigkeiten
- Wahrnehmung
- Räumliche Orientierung
- Aufmerksamkeitslenkung
- Hemmung
- Multitasking
- Problemlösen
- Sprachliche Fähigkeiten
Hinweis der KLARpsy-Autor:innen
Sollten Ihnen Begriffe in diesem Abschnitt nicht vertraut sein, finden Sie eine Erklärung im KLARsaurus-Wörterbuch.
Was sind die wichtigsten Ergebnisse?
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In der Metaanalyse der Querschnittsstudien fanden die Forschenden einige bedeutsame Unterschiede zwischen Personen, die Action-Videospiele spielen und Personen, die diese nicht spielen.
- In den Bereichen Wahrnehmung, räumliche Orientierung, Aufmerksamkeitslenkung und Multitasking waren diese Unterschiede mittelgroß. Die Effektstärke Hedges g betrug 0.55 bis 0.79.
- In den Bereichen Hemmung und sprachliche Fähigkeiten waren die Unterschiede klein. Die Effekstärke Hedges g betrug 0.30 bis 0.31.
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Im Bereich Problemlösen fanden sie keine bedeutsamen Unterschiede.
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Auch in der Metaanalyse der Längsschnittstudien fanden die Forschenden bedeutsame Unterschiede zwischen Personen, die Action-Videospiele spielen und Personen, die diese nicht spielen.
- In den Bereichen räumliche Orientierung und Aufmerksamkeitslenkung waren die Unterschiede klein. Die Effektstärke Hedges g für diese Unterschiede betrug 0.31 bis 0.44.
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In den Bereichen Wahrnehmung, Multitasking und sprachliche Fähigkeiten fanden sie keine bedeutsamen Unterschiede.
Wie lassen sich die Ergebnisse bewerten?
Was ist die Ursache für die Ergebnisse?
Die Forschenden führten zuerst eine Metaanalyse von Querschnittstudien durch. Weil es Querschnittsstudien waren, weiß man nur, dass es die gefundenen Unterschiede gibt. Man kann aber nicht sicher sagen, dass das Action-Videospielen auch die Ursache für die besseren geistigen Fähigkeiten ist. Die Forschenden führten als zweites eine Metaanalyse von Längsschnittstudien durch. Weil es Längsschnittstudien waren, kann man mit hoher Sicherheit sagen, dass das Spielen der Action-Videospiele die Verbesserung der räumlichen Orientierung und der bewussten Aufmerksamkeitslenkung verursacht.
Sind die Ergebnisse durch eingeschränktes Veröffentlichen von Studien verzerrt?
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Worum geht es? Eindeutige Forschungsergebnisse lassen sich leichter veröffentlichen als uneindeutige Ergebnisse. Das ist für Übersichtsarbeiten problematisch. Sie können unveröffentlichte Ergebnisse nämlich nicht berücksichtigen.
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Was bedeutet das für die vorliegende Übersichtsarbeit? Die Forschenden fanden Hinweise auf solche Verzerrungen. Sie haben sich bemüht, diese Verzerrungen zu berücksichtigen. Sie nehmen deshalb an, dass der Zusammenhang zwischen Action-Videospielen und verbesserten geistigen Fähigkeiten tatsächlich kleiner ist als in ihren Metaanalysen berechnet.
Wie zuverlässig sind die Ergebnisse?
Die Forschenden geben zu bedenken: In den Studien haben oftmals zu wenige Personen teilgenommen. Deswegen hat das Ergebnis dieser Studien weniger Aussagekraft. Außerdem mussten die Forschenden im Jahr 2018 eine verbesserte Version ihrer Übersichtsarbeit veröffentlichen, da es Fehler in ihrer Analyse gab. Im vorliegenden KLARpsy-Text werden die Ergebnisse der verbesserten Analyse berichtet.
Welchen Alltagsbezug sehen die Forschenden in der Übersichtsarbeit?
Viele Menschen spielen Videospiele. Daher ist es wichtig zu verstehen, ob sich Videospielen auch auf gute Art und Weise auf die geistigen Fähigkeiten auswirken kann. Dieses Wissen kann genutzt werden, um Anwendungen zu entwickeln. Zum Beispiel könnten Lernvideospiele für Kinder oder Videotrainings für Menschen mit geistigen Beeinträchtigungen entwickelt werden.
Was ist noch zu beachten?
Wer hat die Übersichtsarbeit finanziert?
Die Erstellung der Übersichtsarbeit wurde durch den Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung finanziert. Sie wurde auch durch das Office of Naval Research finanziert. Das ist eine Behörde, die wissenschaftliche Forschung im Namen der US-Marine durchführt.
Berichten die Forschenden in der Übersichtsarbeit eigene Interessenkonflikte?
Die Forschenden berichten, dass folgender Interessenkonflikt bei ihnen vorliegt: Daphne Bavelier ist in der wissenschaftlichen Beratung für Akili Interactive tätig. Das ist eine Firma, die Videospiele als Therapie für Menschen mit geistiger Beeinträchtigung entwickelt.