Worum geht es?
KLARpsy-Texte bereiten Forschungsergebnisse aus der Psychologie für die Öffentlichkeit auf. Dieser KLARpsy-Text wurde von Mitarbeitenden des Leibniz-Instituts für Psychologie verfasst. Der KLARpsy-Text fasst die Übersichtsarbeit mit dem Titel The influence of incidental emotions on decision-making under risk and uncertainty: A systematic review and meta-analysis of experimental evidence zusammen. Diese Übersichtsarbeit beinhaltet eine Metaanalyse. Die Übersichtsarbeit wurde 2022 veröffentlicht. Sie stammt von Karen Bartholomeyczik und zwei weiteren Forschenden von der Technischen Universität München und drei weiteren Forschungseinrichtungen.
Was war das Ziel der Übersichtsarbeit?
Hintergrund:
Menschen treffen täglich eine Vielzahl von Entscheidungen. Studien haben gezeigt, dass Gefühle Entscheidungen beeinflussen können, auch wenn sie gar nichts mit der Entscheidung zu tun haben. Ob man riskante und unsichere Entscheidungen trifft, kann auch davon abhängen, wie man sich gerade fühlt.
Forschungsfrage:
Mit ihrer Übersichtsarbeit wollten die Forschenden herausfinden:
- Welchen Einfluss haben positive und negative Gefühle auf riskante und unsichere Entscheidungen?
- Welche Rolle spielen verschiedene Arten von Entscheidungen und bestimmte Studienmerkmale für den Einfluss von Gefühlen auf die Entscheidungsfindung?
Wie sind die Forschenden in der Übersichtsarbeit vorgegangen?
Welche Studien haben die Forschenden für die Übersichtsarbeit gesucht?
Die Forschenden suchten nach Studien, in denen der Einfluss von Gefühlen auf riskante und unsichere Entscheidungen untersucht wurde. Die Gefühle mussten im Rahmen eines Experiments hervorgerufen worden sein. Außerdem mussten die Entscheidungen mit Hilfe von Entscheidungsaufgaben gemessen worden sein.
Welche Studien haben die Forschenden für die Übersichtsarbeit gefunden?
Die Forschenden fanden insgesamt 28 Studien aus den Jahren 1996 bis 2020. Aus diesen Studien konnten sie 73 Ergebnisse von Experimenten zum Einfluss von Gefühlen auf riskante und unsichere Entscheidungen mit einer Metaanalyse zusammenfassen.
Was haben die Forschenden in der Übersichtsarbeit gemacht?
In den 28 Studien schauten die Forschenden, welchen Einfluss positive und negative Gefühle auf das Treffen riskanter und unsicherer Entscheidungen hatten.
Was haben die Forschenden in der Übersichtsarbeit untersucht?
Folgende Merkmale wurden untersucht:
-
Gefühle
- Negative Gefühle
- Ärger
- Angst
- Traurigkeit
- Positive Gefühle
- Negative Gefühle
-
Arten von Entscheidungen
- Riskante Entscheidungen
- Unsichere Entscheidungen
Hinweis der KLARpsy-Autor:innen
Sollten Ihnen Begriffe in diesem Abschnitt nicht vertraut sein, finden Sie eine Erklärung im KLARsaurus-Wörterbuch.
Was sind die wichtigsten Ergebnisse?
- Positive Gefühle hatten keinen bedeutsamen Einfluss auf riskante oder unsichere Entscheidungen. Auch negative Gefühle wie Traurigkeit und Angst hatten keinen bedeutsamen Einfluss auf riskante oder unsichere Entscheidungen.
- Als einziges negatives Gefühl hatte Ärger einen Einfluss darauf, dass man eher riskante oder unsichere Entscheidungen trifft. Die Effektstärke Hedges g betrug hier 0.38. Das ist ein kleiner bis mittelgroßer Einfluss von Ärger auf riskante und unsichere Entscheidungen.
- Ob es sich um riskante oder unsichere Entscheidungen handelte, war für den beobachteten Einfluss der Gefühle nicht bedeutsam.
- Studieneigenschaften wie die Anwesenheit anderer Personen oder finanzielle Folgen der Entscheidungen hatten auch keinen Einfluss darauf, wie sich Gefühle auf die Entscheidungen ausgewirkten.
Wie lassen sich die Ergebnisse bewerten?
Was ist die Ursache für die Ergebnisse?
In der Übersichtsarbeit wurde ein bedeutsamer Einfluss von Ärger auf riskante und unsichere Entscheidungen beobachtet. Wegen der Art der Studien, die berücksichtigt wurden, kann man mit Sicherheit sagen, dass Ärger auch die Ursache für riskante und unsichere Entscheidungen ist.
Sind die Ergebnisse durch eingeschränktes Veröffentlichen von Studien verzerrt?
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Worum geht es? Eindeutige Forschungsergebnisse lassen sich leichter veröffentlichen als uneindeutige Ergebnisse. Das ist für Übersichtsarbeiten problematisch. Sie können unveröffentlichte Ergebnisse nämlich nicht berücksichtigen.
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Was bedeutet das für die vorliegende Übersichtsarbeit? Die Forschenden fanden keine Hinweise auf solche Verzerrungen. Sie neh¬men deshalb an, dass der Einfluss von Gefühlen auf riskante und unsichere Entscheidungen tatsächlich ähnlich groß ist wie in ihrer Übersichtsarbeit berechnet.
Wie zuverlässig sind die Ergebnisse?
Die Forschenden geben zu bedenken: Die Ergebnisse der einzelnen berücksichtigten Studien waren sehr verschieden. Dies macht das Ergebnis der Metaanalyse unsicherer. Außerdem wurden die Gefühle der Studienteilnehmenden im Rahmen eines Experiments hervorgerufen. Das berücksichtigt nicht, dass Menschen sich untereinander darin unterscheiden, wie sehr sie zu bestimmten Gefühlen neigen.
Welchen Alltagsbezug sehen die Forschenden in der Übersichtsarbeit?
Die Forschenden vermuten, dass es bei dem Einfluss von Gefühlen auf unsichere und riskante Entscheidungen eher darauf ankommt, inwiefern ein Gefühl die Wahrnehmung einer Entscheidung verändert. So könnte Ärger etwa dazu führen, dass man Entscheidungen als weniger riskant und unsicher wahrnimmt.
Was ist noch zu beachten?
Wer hat die Übersichtsarbeit finanziert?
Die Erstellung der Übersichtsarbeit wurde nicht durch Dritte, zum Beispiel Stiftungen oder Unternehmen, finanziell gefördert oder unterstützt.
Berichten die Forschenden in der Übersichtsarbeit eigene Interessenkonflikte?
Die Forschenden berichten, dass keine Interessenkonflikte bei ihnen vorliegen.