Worum geht es?
KLARpsy-Texte bereiten Forschungsergebnisse aus der Psychologie für die Öffentlichkeit auf. Dieser KLARpsy-Text wurde von Mitarbeitenden des Leibniz-Instituts für Psychologie verfasst. Der KLARpsy-Text fasst die Übersichtsarbeit mit dem Titel Comparative efficacy of seven psychotherapeutic interventions for patients with depression: A network meta-analysis zusammen. Diese Übersichtsarbeit beinhaltet eine Metaanalyse. Die Übersichtsarbeit wurde 2013 veröffentlicht. Sie stammt von Jürgen Barth und sieben weiteren Forschenden der Universität Bern und zwei weiteren Instituten.
Was war das Ziel der Übersichtsarbeit?
Hintergrund:
Psychotherapien können Menschen mit psychischen Erkrankungen helfen. Das hat die Forschung bereits herausgefunden. Es gibt verschiedene Arten von Psychotherapien. Bei Erwachsenen mit einer leichten bis mittelschweren Depression helfen diese womöglich unterschiedlich gut.
Forschungsfrage:
Mit ihrer Übersichtsarbeit wollten die Forschenden herausfinden: Welche Arten von Psychotherapien helfen Erwachsenen mit leichten bis mittelschweren Depressionen?
Wie sind die Forschenden in der Übersichtsarbeit vorgegangen?
Welche Studien haben die Forschenden für die Übersichtsarbeit gesucht?
Die Forschenden suchten nach Studien, die Arten von Psychotherapien miteinander oder gegenüber keiner Psychotherapie verglichen. Die Studien sollten untersuchen, wie gut die jeweilige Psychotherapie Erwachsenen mit Depression hilft.
Welche Studien haben die Forschenden für die Übersichtsarbeit gefunden?
Die Forschenden fanden insgesamt 198 Studien aus den Jahren 1975 bis 2012, deren Ergebnisse sie mit einer Metaanalyse zusammenfassen konnten. Insgesamt sind das Studienergebnisse von 15 118 Erwachsenen mit Depressionen.
Was haben die Forschenden in der Übersichtsarbeit gemacht?
In den 198 Studien schauten die Forschenden, welche Art der Psychotherapie den Erwachsenen mit Depressionen wie gut half. Sie untersuchten auch, ob der Behandlungserfolg der jeweiligen Art der Psychotherapie mit anderen Merkmalen der Betroffenen zusammenhing.
Was haben die Forschenden in der Übersichtsarbeit untersucht?
Folgende Psychotherapien und Merkmale wurden untersucht:
- Verschiedene Arten von Psychotherapie:
- Nicht-direktive Therapie
- Verhaltensaktivierung
- Psychodynamische Psychotherapie
- Problemlösetherapie
- Interpersonelle Psychotherapie
- Training sozialer Fertigkeiten
- Merkmale der untersuchten Erwachsenen mit Depressionen, etwa das Alter
- Behandlungserfolg: Schwere der Depression nach einer Psychotherapie
Hinweis der KLARpsy-Autor:innen
Sollten Ihnen Begriffe in diesem Abschnitt nicht vertraut sein, finden Sie eine Erklärung im KLARsaurus-Wörterbuch.
Was sind die wichtigsten Ergebnisse?
- Jede Art der Psychotherapie half besser als keine Psychotherapie. Die Effektstärke Cohen’s d betrug über die 198 Studien hinweg - 0.62 bis - 0.92. Das sind mittelgroße bis große Unterschiede zwischen Erwachsenen mit Depressionen, die keine Psychotherapie machten und denen, die eine Psychotherapie machten. Umgerechnet auf 100 Personen bedeutet dies: Zwischen 73 und 82 von 100 Erwachsenen waren nach einer Psychotherapie weniger depressiv als der Durchschnitt derjenigen ohne Psychotherapie.
- Beim Vergleich von je zwei Arten der Psychotherapie miteinander, half eine Psychotherapieart wesentlich besser als eine andere. Die restlichen Unterschiede im Behandlungserfolg zwischen den Arten der Psychotherapie waren nicht bedeutsam. Lediglich die Interpersonelle Psychotherapie half etwas besser als die Nicht-direktive Therapie. Cohen’s d betrug hier - 0.30. Das ist ein kleiner Unterschied zwischen diesen beiden Therapiearten. Umgerechnet auf 100 Personen bedeutet dies: 61 von 100 Erwachsenen mit Depressionen in einer Interpersonellen Psychotherapie hatten einen höheren Behandlungserfolg als der Durchschnitt in Nicht-direktiver Therapie.
- Die Forschenden fanden heraus, dass sich die Merkmale der untersuchten Erwachsenen nicht darauf ausgewirkt haben, wie gut eine Psychotherapie half. Der Einfluss solcher Merkmale auf den Behandlungserfolg war nicht bedeutsam.
Wie lassen sich die Ergebnisse bewerten?
Was ist die Ursache für die Ergebnisse?
In der Übersichtsarbeit wurden Unterschiede im Behandlungserfolg zwischen zwei Arten der Psychotherapie sowie zwischen einer und keiner Psychotherapie beobachtet. Wegen der Art der Studien, die berücksichtigt wurden, kann man mit hoher Sicherheit sagen, dass die Art der Psychotherapie auch die Ursache für den Behandlungserfolg von Erwachsenen mit Depressionen ist.
Sind die Ergebnisse durch eingeschränktes Veröffentlichen von Studien verzerrt?
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Worum geht es? Eindeutige Forschungsergebnisse lassen sich leichter veröffentlichen als uneindeutige Ergebnisse. Das ist für Übersichtsarbeiten problematisch. Sie können unveröffentlichte Ergebnisse nämlich nicht berücksichtigen.
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Was bedeutet das für die vorliegende Übersichtsarbeit? Die Forschenden fanden Hinweise auf solche Verzerrungen. Sie haben sich bemüht, diese Verzerrungen zu berücksichtigen. Sie nehmen deshalb an, dass der Behandlungserfolg der Psychotherapien tatsächlich kleiner ist als in ihrer Übersichtsarbeit berechnet.
Wie zuverlässig sind die Ergebnisse?
Die Forschenden geben zu bedenken: Zum Behandlungserfolg mancher Therapiearten wurden wenige Studien gefunden. Die zugehörigen Aussagen sind daher mit Vorsicht zu betrachten. Außerdem weisen sie darauf hin, dass das Ausmaß des Behandlungserfolges mit Merkmalen der eingeschlossenen Studien zusammenhing. Dazu gehören zum Beispiel, wie der Behandlungserfolg gemessen wurde und wie die Studien durchgeführt wurden.
Welchen Alltagsbezug sehen die Forschenden in der Übersichtsarbeit?
Die Forschenden schließen aus der Übersichtsarbeit, dass jede untersuchte Art der Psychotherapie zur Behandlung von Depressionen bei Erwachsenen empfohlen werden kann. Falls Sie oder jemand in Ihrem Umfeld von einer Depression betroffen ist, sollte die Entscheidung für eine bestimmte Psychotherapie erst nach Rücksprache mit Fachpersonal erfolgen.
Was ist noch zu beachten?
Wer hat die Übersichtsarbeit finanziert?
Die Erstellung der Übersichtsarbeit wurde durch den Schweizerischen Nationalfonds finanziert. Das ist eine Stiftung, die Forschung fördert.
Berichten die Forschenden in der Übersichtsarbeit eigene Interessenkonflikte?
Die Forschenden berichten, dass folgende Interessenkonflikte bei ihnen vorliegen: Ein Forschender ist Mitglied einer Steuerungsgruppe für Studien der Pharmaindustrie. Einige der Forschenden gehören einer universitären Forschungseinrichtung (CTU Bern) an. Diese unterstützt Studien der Pharmaindustrie.