Worum geht es?
KLARpsy-Texte bereiten Forschungsergebnisse aus der Psychologie für die Öffentlichkeit auf. Dieser KLARpsy-Text wurde von Mitarbeitenden des Leibniz-Instituts für Psychologie verfasst. Der KLARpsy-Text fasst die Übersichtsarbeit mit dem Titel Safety of psychological interventions for adult post-traumatic stress disorder: meta-analysis on the incidence and relative risk of deterioration, adverse events and serious adverse events. zusammen. Diese Übersichtsarbeit beinhaltet eine Metaanalyse. Die Übersichtsarbeit wurde 2022 veröffentlicht. Sie stammt von Thole H. Hoppen und zwei weiteren Forschenden der Universität Münster.
Was war das Ziel der Übersichtsarbeit?
Hintergrund:
Psychologische Behandlungen können Erwachsenen mit einer Posttraumatischen Belastungsstörung helfen. Diese Behandlungen können aber auch Nebenwirkungen haben. Eine mögliche Nebenwirkung ist, dass die Posttraumatische Belastungsstörung schlimmer wird. Außerdem können bei den Betroffenen durch die Behandlung andere unerwünschte Ereignisse auftreten, zum Beispiel zusätzliche psychische Probleme.
Forschungsfrage:
Mit ihrer Übersichtsarbeit wollten die Forschenden herausfinden: Wie häufig verschlimmert sich eine Posttraumatische Belastungsstörung nach einer psychologischen Behandlung im Vergleich zu keiner oder einer anderen Behandlung? Wie häufig treten andere unerwünschte Ereignisse auf?
Wie sind die Forschenden in der Übersichtsarbeit vorgegangen?
Welche Studien haben die Forschenden für die Übersichtsarbeit gesucht?
Die Forschenden suchten nach Studien, die die Häufigkeit von Nebenwirkungen bei der psychologischen Behandlung einer Posttraumatischen Belastungsstörung im Vergleich zu keiner oder einer anderen Behandlung untersuchten. Die Studien mussten jeweils mindestens 20 Erwachsene untersuchen.
Welche Studien haben die Forschenden für die Übersichtsarbeit gefunden?
Die Forschenden fanden insgesamt 56 Studien aus den Jahren 2002 bis 2022, deren Ergebnisse sie zu einer Metaanalyse zusammenfassen konnten. Das sind Studienergebnisse von 4 230 Erwachsenen mit Posttraumatischer Belastungsstörung. Diese waren im Schnitt 41 Jahre alt. Von den 56 Studien wurden 94% in der geografisch westlichen Welt durchgeführt, ein Großteil davon in den USA.
Was haben die Forschenden in der Übersichtsarbeit gemacht?
In den 56 Studien schauten die Forschenden, wie häufig bestimmte Nebenwirkungen bei der Behandlung Posttraumatischer Belastungsstörungen auftraten. Sie verglichen die Häufigkeit der Nebenwirkungen bei einer psychologischen Behandlung mit der Häufigkeit von Nebenwirkungen bei einer anderen oder keiner Behandlung.
Was haben die Forschenden in der Übersichtsarbeit untersucht?
Folgende Merkmale haben die Forschenden untersucht:
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Ob und wie die Posttraumatische Belastungsstörung behandelt wurde:
- psychologische Behandlung (z.B. Traumafokussierte Kognitive Verhaltenstherapie)
- andere Behandlung (z.B. Besuch bei dem Hausarzt oder der Hausärztin)
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Ob und welche Nebenwirkungen auftraten:
- die Posttraumatische Belastungsstörung wurde schlimmer
- andere unerwünschte Ereignisse traten auf (z.B. zusätzliche psychische Probleme)
Hinweis der KLARpsy-Autor:innen
Sollten Ihnen Begriffe in diesem Abschnitt nicht vertraut sein, finden Sie eine Erklärung im KLARsaurus-Wörterbuch.
Was sind die wichtigsten Ergebnisse?
- Bei Betroffenen in psychologischer Behandlung wurde die Posttraumatische Belastungsstörung in 0-1% der Fälle schlimmer. Bei Betroffenen ohne Behandlung wurde die Störung in 11% der Fälle schlimmer. Das Relative Risiko RR beim Vergleich von psychologischer Behandlung zu keiner Behandlung betrug 0.21. Das ist ein um 79% geringeres Risiko dafür, dass die Posttraumatische Belastungsstörung schlimmer wird, wenn die Betroffenen eine psychologische Behandlung machen im Vergleich dazu, wenn sie keine machen. Dieser Unterschied ist bedeutsam.
- Bei Betroffenen, die eine andere Behandlung erhielten, wurde die Posttraumatische Belastungsstörung in 4% der Fälle schlimmer. Das Relative Risiko RR beim Vergleich der psychologischen zu einer anderen Behandlung betrug 0.36. Das ist ein um 64% geringeres Risiko dafür, dass die Störung schlimmer wird, wenn die Betroffenen eine psychologische im Vergleich zu einer anderen Behandlung machen.
- Andere unerwünschte Ereignisse traten bei Betroffenen in psychologischer Behandlung, in anderer Behandlung und in keiner Behandlung in 1-2% der Fälle auf. Das Relative Risiko für ein unerwünschtes Ereignis war zwischen den Behandlungsgruppen nicht bedeutsam verschieden.
Wie lassen sich die Ergebnisse bewerten?
Was ist die Ursache für die Ergebnisse?
In der Übersichtsarbeit wurde bei Betroffenen in psychologischer Behandlung ein geringeres Risiko dafür, dass die Posttraumatische Belastungsstörung schlimmer wurde, festgestellt, im Vergleich zu keiner oder einer anderen Behandlung. Wegen der Art der Studien, die berücksichtigt wurden, kann man mit hoher Sicherheit sagen, dass die psychologische Behandlung auch die Ursache für das geringere Risiko ist.
Sind die Ergebnisse durch eingeschränktes Veröffentlichen von Studien verzerrt?
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Worum geht es? Eindeutige Forschungsergebnisse lassen sich leichter veröffentlichen als uneindeutige Ergebnisse. Das ist für Übersichtsarbeiten problematisch. Sie können unveröffentlichte Ergebnisse nämlich nicht berücksichtigen.
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Was bedeutet das für die vorliegende Übersichtsarbeit? Die Forschenden fanden keine Hinweise auf solche Verzerrungen. Sie nehmen deshalb an, dass Nebenwirkungen bei psychologischen Behandlungen von Posttraumatischen Belastungsstörungen tatsächlich ähnlich häufig sind, wie in ihrer Übersichtsarbeit berechnet.
Wie zuverlässig sind die Ergebnisse?
Die Forschenden geben zu bedenken: Es wurde bisher wenig zu Nebenwirkungen von psychologischen Behandlungen geforscht. Es müssen noch viel mehr Studien dazu gemacht werden, damit man eine gute Aussage über die Häufigkeit von Nebenwirkungen bei psychologischen Behandlungen treffen kann.
Welchen Alltagsbezug sehen die Forschenden in der Übersichtsarbeit?
Die Forschenden leiten aus den Ergebnissen ab, dass die Posttraumatische Belastungsstörung dann eher schlimmer wird, wenn sich Betroffene nicht behandeln lassen oder eine Behandlung aufschieben, als wenn sie sich unmittelbar psychologisch behandeln lassen. Die Nebenwirkungen sind jedoch auch dann nicht völlig auszuschließen. Deswegen sollten die Betroffenen darüber informiert werden. Falls Sie oder jemand in Ihrem Umfeld von einer Posttraumatischen Belastungsstörung betroffen ist, sollte die Entscheidung für eine bestimmte Behandlung daher erst nach Rücksprache mit Fachpersonal erfolgen.
Was ist noch zu beachten?
Wer hat die Übersichtsarbeit finanziert?
Die Erstellung der Übersichtsarbeit wurde nicht durch Dritte, zum Beispiel Stiftungen oder Unternehmen, finanziell gefördert oder unterstützt.
Berichten die Forschenden in der Übersichtsarbeit eigene Interessenkonflikte?
Die Forschenden berichten, dass keine Interessenkonflikte bei ihnen vorliegen.