Worum geht es?
KLARpsy-Texte bereiten Forschungsergebnisse aus der Psychologie für die Öffentlichkeit auf. Dieser KLARpsy-Text wurde von Mitarbeitenden des Leibniz-Instituts für Psychologie verfasst. Der KLARpsy-Text fasst die Übersichtsarbeit mit dem Titel The relation between worry and mental health in nonclinical population and individuals with anxiety and depressive disorders: A meta-analysis zusammen. Diese Übersichtsarbeit beinhaltet eine Metaanalyse. Die Übersichtsarbeit wurde 2022 veröffentlicht. Sie stammt von Andreea Vîslă und vier weiteren Forschenden von der Universität Zürich und vier weiteren Instituten.
Was war das Ziel der Übersichtsarbeit?
Hintergrund:
Psychisch gesund zu sein bedeutet nicht nur frei von psychischen Problemen zu sein. Es bedeutet auch, sich wohl zu fühlen und tägliche Herausforderungen gut bewältigen zu können. Wenn man sich häufig Sorgen macht, könnte es schwieriger sein, dieses Wohlbefinden zu erhalten. Unter welchen Umständen das zutrifft, ist auch noch weitgehend unklar.
Forschungsfrage:
Mit ihrer Übersichtsarbeit wollten die Forschenden herausfinden:
- Gibt es einen Zusammenhang zwischen Besorgnis und psychischer Gesundheit?
- Macht es für diesen Zusammenhang einen Unterschied, wie alt man ist und ob man eine psychische Störung hat?
Wie sind die Forschenden in der Übersichtsarbeit vorgegangen?
Welche Studien haben die Forschenden für die Übersichtsarbeit gesucht?
Die Forschenden suchten nach Studien, die den Zusammenhang zwischen Besorgnis und psychischer Gesundheit untersuchten. Die Studienteilnehmenden mussten entweder keine psychische Störung, leichte psychische Beschwerden oder eine Angststörung oder Depression haben. Sie durften keine körperlichen Erkrankungen haben. Die Studien durften die Sorgen nicht im Rahmen eines Experimentes hervorgerufen haben.
Welche Studien haben die Forschenden für die Übersichtsarbeit gefunden?
Die Forschenden fanden insgesamt 120 Studien aus den Jahren 1983 bis 2020, deren Ergebnisse sie in einer Metaanalyse zusammenfassen konnten. Insgesamt sind das Studienergebnisse von 50 954 Menschen im Alter zwischen 7 und 88 Jahren ohne psychische Störung oder mit einer Angststörung oder Depression.
Was haben die Forschenden in der Übersichtsarbeit gemacht?
In den 120 Studien schauten die Forschenden, ob Besorgnis mit einer schlechteren psychischen Gesundheit zusammenhing. Außerdem überprüften sie, ob Merkmale wie das Alter und das Vorliegen einer psychischen Störung einen Einfluss auf diesen Zusammenhang hatten.
Was haben die Forschenden in der Übersichtsarbeit untersucht?
Folgende Merkmale wurden untersucht:
- Neigung zu starker Besorgnis
- Alter der Teilnehmenden
- Ob die Teilnehmenden eine psychische Störung hatten
- Keine psychische Störung
- Leichte psychische Beschwerden
- Angststörung oder Depression
Hinweis der KLARpsy-Autor:innen
Sollten Ihnen Begriffe in diesem Abschnitt nicht vertraut sein, finden Sie eine Erklärung im KLARsaurus-Wörterbuch.
Was sind die wichtigsten Ergebnisse?
- Besorgnis und psychische Gesundheit hingen zusammen. Die Korrelation r betrug 0.53. Das ist ein großer Zusammenhang zwischen Besorgnis und der psychischen Gesundheit. Wer also dazu neigt, sich Sorgen zu machen, hatte eher eine schlechtere psychische Gesundheit.
- Das Alter hatte einen Einfluss auf diesen Zusammenhang. Bei älteren Menschen hingen die Neigung, sich Sorgen zu machen und die psychische Gesundheit weniger zusammen als bei jüngeren Menschen. Ein Altersunterschied von 10 Jahren verkleinerte den Zusammenhang um 0.03 Punkte.
- Ob die Studienteilnehmenden eine psychische Störung hatten, hatte keinen Einfluss auf den Zusammenhang zwischen Besorgnis und psychischer Gesundheit. Bei Menschen ohne psychische Störung, mit leichten psychischen Beschwerden und bei Menschen mit einer Angststörung oder Depression war der Zusammenhang ähnlich groß.
Wie lassen sich die Ergebnisse bewerten?
Was ist die Ursache für die Ergebnisse?
In der Übersichtsarbeit wurde ein Zusammenhang zwischen Besorgnis und der psychischen Gesundheit beobachtet. Wegen der Art der Studien, die berücksichtigt wurden, weiß man nur, dass es diesen Zusammenhang gibt. Man kann aber nicht sicher sagen, dass Besorgnis auch die Ursache für eine schlechtere psychische Gesundheit ist.
Sind die Ergebnisse durch eingeschränktes Veröffentlichen von Studien verzerrt?
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Worum geht es? Eindeutige Forschungsergebnisse lassen sich leichter veröffentlichen als uneindeutige Ergebnisse. Das ist für Übersichtsarbeiten problematisch. Sie können unveröffentlichte Ergebnisse nämlich nicht berücksichtigen.
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Was bedeutet das für die vorliegende Übersichtsarbeit? Die Forschenden fanden keine Hinweise auf solche Verzerrungen. Sie nehmen deshalb an, dass der Zusammenhang zwischen der Neigung, sich Sorgen zu machen und der psychischen Gesundheit tatsächlich ähnlich groß ist wie in ihrer Übersichtsarbeit berechnet.
Wie zuverlässig sind die Ergebnisse?
Die Forschenden geben zu bedenken: Die Ergebnisse der einzelnen Studien waren sehr verschieden. Das Ergebnis der Metaanalyse ist dadurch unsicher. Außerdem merken sie an, dass die meisten der eingeschlossenen Studien aus westlichen Industrieländern stammen. Deshalb sind die Ergebnisse nicht auf andere Kulturkreise übertragbar.
Welchen Alltagsbezug sehen die Forschenden in der Übersichtsarbeit?
Die Forschenden betonen, dass Besorgnis nicht nur die psychische Gesundheit von Menschen mit psychischen Störungen beeinträchtigen kann. Auch bei Menschen ohne psychische Störungen oder Beschwerden hängt sie mit einer schlechteren psychischen Gesundheit zusammen. Deshalb sollten auch für psychisch gesunde Menschen Verfahren entwickelt werden, die ihnen helfen, besser mit starken oder häufigen Sorgen umzugehen.
Was ist noch zu beachten?
Wer hat die Übersichtsarbeit finanziert?
Die Erstellung der Übersichtsarbeit wurde durch den Schweizerischen Nationalfonds finanziert. Das ist eine Stiftung, die Forschung fördert.
Berichten die Forschenden in der Übersichtsarbeit eigene Interessenkonflikte?
Die Forschenden berichten, dass keine Interessenkonflikte bei ihnen vorliegen.