Worum geht es?
KLARpsy-Texte bereiten Forschungsergebnisse aus der Psychologie für die Öffentlichkeit auf. Dieser KLARpsy-Text wurde von Mitarbeitenden des Leibniz-Instituts für Psychologie verfasst. Der KLARpsy-Text fasst die Übersichtsarbeit mit dem Titel To learn or to gain: neural signatures of exploration in human decision-making zusammen. Diese Übersichtsarbeit beinhaltet eine Metaanalyse. Die Übersichtsarbeit wurde 2021 veröffentlicht. Sie stammt von Shanshan Zhen und drei weiteren Forschenden. der Baptistischen Universität Hong Kong in China und drei weiteren Instituten.
Was war das Ziel der Übersichtsarbeit?
Hintergrund:
Um sich veränderten Umweltbedingungen anzupassen und nicht mehr sinnvolle Strategien abzulegen, müssen Menschen regelmäßig nach neuen Informationen suchen. Gewohnte Pfade zu verlassen, kann aber auch mit Risiken einhergehen. Die Herausforderung besteht also nicht nur darin, neue Informationen zu suchen und zu verarbeiten. Sondern man muss sich auch für eine gewisse Zeit vom Gewohnten und Sicheren abwenden. Daher ist von besonderem Interesse, welche Bereiche im Gehirn damit zusammenhängen, diese Anforderungen zu bewältigen.
Forschungsfrage:
Mit ihrer Übersichtsarbeit wollten die Forschenden herausfinden:
- Welche Bereiche im Gehirn sind aktiv, wenn Menschen nach neuen Informationen suchen?
- Haben das Eingehen von Risiken und das Suchen nach neuen Informationen gemeinsame Bereiche im Gehirn als Grundlage?
Wie sind die Forschenden in der Übersichtsarbeit vorgegangen?
Welche Studien haben die Forschenden für die Übersichtsarbeit gesucht?
Die Forschenden suchten nach Studien, die bei gesunden Erwachsenen mittels funktioneller Magnetresonanztomografie (fMRT) das gesamte Gehirn abbildeten. Die Studien mussten die Gehirne der Menschen außerdem während Aufgaben zur Suche nach neuen Informationen beobachtet haben. Zusätzlich musste es eine Vergleichsbedingung geben, in der die Teilnehmenden nicht nach neuen Informationen suchten.
Welche Studien haben die Forschenden für die Übersichtsarbeit gefunden?
Die Forschenden fanden insgesamt 18 Studien aus den Jahren 2006 bis 2020, deren Ergebnisse sie in einer Metaanalyse zusammenfassen konnten. Insgesamt sind das Studienergebnisse von 421 gesunden Erwachsenen.
Was haben die Forschenden in der Übersichtsarbeit gemacht?
In den 18 Studien schauten die Forschenden, ob über die Studien hinweg bestimmte Gehirnbereiche mit höherer Wahrscheinlichkeit bei dem Suchen nach neuen Informationen aktiv waren. Sie verglichen die Bereiche mit Gehirnbereichen, von denen aus einer früheren Übersichtsarbeit bekannt ist, dass sie beim Verarbeiten von Risiken aktiv sind.
Was haben die Forschenden in der Übersichtsarbeit untersucht?
Folgendes wurde untersucht:
- Aktivität im Gehirn beim Suchen nach neuen Informationen
Hinweis der KLARpsy-Autor:innen
Sollten Ihnen Begriffe in diesem Abschnitt nicht vertraut sein, finden Sie eine Erklärung im KLARsaurus-Wörterbuch.
Was sind die wichtigsten Ergebnisse?
- Das Suchen nach neuen Informationen hing mit der Aktivität in bestimmten Gehirnbereichen zusammen. Dies waren vor allem der linke mittlere präfrontale Cortex und die rechte vordere Insula. Aber auch der rechte präfrontale Cortex, die untere Stirnwindung und der vordere Motorcortex waren beim Suchen nach neuen Informationen eher aktiv.
- Von einigen dieser Bereiche im Gehirn ist aus einer früheren Übersichtsarbeit bekannt, dass sie auch bei dem Verarbeiten von Risiken aktiv sind. Dies waren der mittlere präfrontale Cortex und die vordere Insula.
Wie lassen sich die Ergebnisse bewerten?
Was ist die Ursache für die Ergebnisse?
In der Übersichtsarbeit wurde ein Zusammenhang der Suche nach neuen Informationen und der Aktivität in bestimmten Bereichen des Gehirns beobachtet. Wegen der Art der Studien, die berücksichtigt wurden, weiß man nur, dass es diesen Zusammenhang gibt. Dies bedeutet nicht, dass das Suchen nach neuen Informationen die Ursache für die Aktivität in bestimmten Gehirnbereichen ist.
Sind die Ergebnisse durch eingeschränktes Veröffentlichen von Studien verzerrt?
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Worum geht es? Eindeutige Forschungsergebnisse lassen sich leichter veröffentlichen als uneindeutige Ergebnisse. Das ist für Übersichtsarbeiten problematisch. Sie können unveröffentlichte Ergebnisse nämlich nicht berücksichtigen.
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Was bedeutet das für die vorliegende Übersichtsarbeit? Die Forschenden machen keine Angaben dazu, ob es Hinweise auf solche Verzerrungen gibt. Ob die Zusammenhänge zwischen dem Suchen nach neuen Informationen und der Aktivität in bestimmten Hirnbereichen tatsächlich so deutlich sind wie in dieser Übersichtsarbeit berechnet, bleibt damit unklar.
Wie zuverlässig sind die Ergebnisse?
Die Forschenden geben zu bedenken: Ihre Metaanalyse war explorativ. Das bedeutet, sie haben keine bestimmten Annahmen getestet. Die Ergebnisse müssen also in weiteren Studien überprüft und bestätigt werden. Außerdem konnten sie nur verhältnismäßig wenige Studien in ihre Untersuchung einschließen. Deswegen war es nicht möglich, genauere Berechnungen durchzuführen. Zum Beispiel, ob sich verschiedene Arten, nach neuen Informationen zu suchen, in Bezug auf die dabei aktiven Hirnbereiche unterscheiden.
Welchen Alltagsbezug sehen die Forschenden in der Übersichtsarbeit?
Die Forschenden merken an, dass manche psychischen Störungen damit einhergehen, dass die Betroffenen nicht so gut nach neuen Informationen suchen können oder weniger bereit dafür sind. Die Kenntnis über die Hirnregionen und die entsprechenden Botenstoffe, die hier eine Rolle spielen, könnte helfen, neue Medikamente gegen solche psychischen Störungen zu entwickeln.
Was ist noch zu beachten?
Wer hat die Übersichtsarbeit finanziert?
Die Erstellung der Übersichtsarbeit wurde nicht durch Dritte, zum Beispiel Stiftungen oder Unternehmen, finanziell gefördert oder unterstützt.
Berichten die Forschenden in der Übersichtsarbeit eigene Interessenkonflikte?
Die Forschenden berichten, dass keine Interessenkonflikte bei ihnen vorliegen.