Worum geht es?
KLARpsy-Texte bereiten Forschungsergebnisse aus der Psychologie für die Öffentlichkeit auf. Dieser KLARpsy-Text wurde von Mitarbeitenden des Leibniz-Instituts für Psychologie verfasst. Der KLARpsy-Text fasst die Übersichtsarbeit mit dem Titel E-cigarettes and nicotine abstinence: a meta-analysis of randomised controlled trials zusammen. Diese Übersichtsarbeit beinhaltet eine Metaanalyse. Die Übersichtsarbeit wurde 2022 veröffentlicht. Sie stammt von Reiner Hanewinkel und vier weiteren Forschenden vom Institut für Therapie- und Gesundheitsforschung, einer gemeinnützigen Einrichtung in Kiel, und drei weiteren Instituten.
Was war das Ziel der Übersichtsarbeit?
Hintergrund:
Die Wirkung von E-Zigaretten wurde bisher wenig erforscht. Daher ist unklar, ob nikotinhaltige E-Zigaretten beim Aufhören mit dem Rauchen von Tabak helfen. Man weiß auch nicht, ob Personen, die so mit dem Rauchen aufhören, später ganz auf Nikotin verzichten können oder weiter nikotinhaltige E-Zigaretten dampfen. Zudem ist fraglich, ob sich nikotinhaltige E-Zigaretten besser zum Aufhören eignen als bewährte Nikotinersatzprodukte, wie Nikotinpflaster.
Forschungsfrage:
Mit ihrer Übersichtsarbeit wollten die Forschenden herausfinden:
- Wie gut helfen E-Zigaretten im Vergleich zu bewährten Nikotinersatzprodukten komplett auf Nikotin zu verzichten?
- Wie stark werden nikotinhaltige E-Zigaretten im Vergleich zu bewährten Nikotinersatzprodukten weiter genutzt, wenn mit dem Rauchen aufgehört wurde?
- Wie gut helfen E-Zigaretten im Vergleich zu bewährten Nikotinersatzprodukten dabei, mit dem Rauchen von Tabak aufzuhören?
Wie sind die Forschenden in der Übersichtsarbeit vorgegangen?
Welche Studien haben die Forschenden für die Übersichtsarbeit gesucht?
Die Forschenden suchten nach Studien, die die Wirkung von nikotinhaltigen E-Zigaretten und bewährten Nikotinersatzprodukten verglichen. Die Studien mussten Aufhörversuche von rauchenden Erwachsenen untersuchen.
Welche Studien haben die Forschenden für die Übersichtsarbeit gefunden?
Die Forschenden fanden insgesamt vier Studien aus den Jahren 2013 bis 2021, deren Ergebnisse sie mit einer Metaanalyse zusammenfassen konnten. Insgesamt sind das Studienergebnisse von über 1 598 rauchenden Erwachsenen aus Australien, Neuseeland, Großbritannien und den USA.
Was haben die Forschenden in der Übersichtsarbeit gemacht?
In den vier Studien schauten die Forschenden, wie groß der Unterschied in der Wirkung zwischen E-Zigaretten und bewährten Nikotinersatzprodukten war. Sie verglichen dabei, die Wirkung auf das Aufhören mit dem Rauchen von Tabak und den Verzicht auf Nikotin. Außerdem schauten sie, wie viele Personen nach der Raucherentwöhnung E-Zigaretten oder ihr Nikotinersatzprodukt weiter nutzten.
Was haben die Forschenden in der Übersichtsarbeit untersucht?
Folgendes haben die Forschenden untersucht:
- Womit versuchten die Personen mit dem Rauchen aufzuhören?
- Nikotinhaltige E-Zigaretten
- Bewährte Nikotinersatzprodukte
- Pflaster, Kaugummis, Nasensprays, Mundsprays
- Was war das Ergebnis des Aufhörversuchs?
- Nicht erfolgreich. Personen rauchten immer noch Tabak.
- Umstieg auf Ersatzprodukt. Personen rauchten zwar keinen Tabak mehr – nutzten aber noch ihr Nikotinersatzprodukt oder ihre E-Zigaretten.
- Komplettes Aufhören. Personen rauchten keinen Tabak mehr und nutzten auch kein Ersatzprodukt.
Hinweis der KLARpsy-Autor:innen
Sollten Ihnen Begriffe in diesem Abschnitt nicht vertraut sein, finden Sie eine Erklärung im KLARsaurus-Wörterbuch.
Was sind die wichtigsten Ergebnisse?
- Rauchende Personen, die mit nikotinhaltigen E-Zigaretten probierten aufzuhören, nahmen danach eher noch irgendeine Art Nikotin. Das relative Risiko betrug 0.50. Das bedeutet, dass kein Nikotin mehr zu nehmen bei E-Zigaretten nur halb so wahrscheinlich war, wie bei bewährten Nikotinersatzprodukten.
- Rauchende Personen, die mit nikotinhaltigen E-Zigaretten probierten aufzuhören, nahmen danach eher noch ihr Ersatzprodukt. Das relative Risiko betrug 8.94. Das bedeutet, dass bei E-Zigaretten ein fast 9-mal so hohes Risiko bestand noch das Ersatzprodukt zu nehmen, wie bei bewährten Nikotinersatzprodukten.
- Rauchende Personen, die mit nikotinhaltigen E-Zigaretten probierten aufzuhören, hörten eher mit dem Rauchen von Tabak auf. Das relative Risiko betrug 1.58. Das bedeutet, dass es bei E-Zigaretten 1.58-mal so wahrscheinlich war, keinen Tabak mehr zu rauchen, wie bei bewährten Nikotinersatzprodukten.
- Umgerechnet auf 100 rauchende Personen bedeutet dies:
- Bei einer Nutzung nikotinhaltiger E-Zigaretten würde man erwarten, dass 85 bis 86 Personen immer noch Rauchen, 10 bis 11 Personen mit dem Rauchen aufhören, aber weiter E-Zigarette dampfen, und 3 bis 4 Personen komplett aufhören.
- Bei einer Nutzung bewährter Nikotinersatzprodukte würde man erwarten, dass 91 Personen immer noch Rauchen, 2 Personen mit dem Rauchen aufhören, aber weiter die Ersatzprodukte nehmen, und 7 Personen komplett aufhören.
Wie lassen sich die Ergebnisse bewerten?
Was ist die Ursache für die Ergebnisse?
In der Übersichtsarbeit wurden Unterschiede in der Wirkung von E-Zigaretten und bewährten Nikotinersatzprodukten bei Aufhörversuchen von rauchenden Personen beobachtet. Wegen der Art der Studien, die berücksichtigt wurden, kann man mit hoher Sicherheit sagen, dass die Nutzung des jeweiligen Ersatzprodukts auch die Ursache für diese Unterschiede ist.
Sind die Ergebnisse durch eingeschränktes Veröffentlichen von Studien verzerrt?
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Worum geht es? Eindeutige Forschungsergebnisse lassen sich leichter veröffentlichen als uneindeutige Ergebnisse. Das ist für Übersichtsarbeiten problematisch. Sie können unveröffentlichte Ergebnisse nämlich nicht berücksichtigen.
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Was bedeutet das für die vorliegende Übersichtsarbeit? Die Forschenden machen keine Angaben dazu, ob es Hinweise auf solche Verzerrungen gibt. Ob die Unterschiede zwischen E-Zigaretten und bewährten Nikotinersatzprodukten tatsächlich kleiner sind als in dieser Übersichtsarbeit berechnet, bleibt damit unklar.
Wie zuverlässig sind die Ergebnisse?
Die Forschenden geben zu bedenken: Die Anzahl der eingeschlossenen Studie war sehr klein. Außerdem gibt es sehr viele verschiedene Arten von E-Zigaretten. Es ist unklar, inwiefern die Ergebnisse dieser Übersichtsarbeit auf all diese Arten von E-Zigaretten übertragbar sind.
Welchen Alltagsbezug sehen die Forschenden in der Übersichtsarbeit?
Die Forschenden schließen aus der Übersichtsarbeit, dass nikotinhaltige E-Zigaretten nicht zum Aufhören mit dem Rauchen empfohlen werden sollten. Das Risiko dauerhaft von Nikotin abhängig zu bleiben sei zu groß.
Was ist noch zu beachten?
Wer hat die Übersichtsarbeit finanziert?
Die Erstellung der Übersichtsarbeit wurde durch das Nationale Krebsinstitut und die Arzneimittelbehörde der USA finanziert.
Berichten die Forschenden in der Übersichtsarbeit eigene Interessenkonflikte?
Die Forschenden berichten, dass folgende Interessenkonflikte bei ihnen vorliegen: Sie haben unabhängig von dieser Übersichtsarbeit Gelder vom Gesundheitsministerium, Krankenkassen und weiteren öffentlichen Einrichtungen erhalten.