Worum geht es?
KLARpsy-Texte bereiten Forschungsergebnisse aus der Psychologie für die Öffentlichkeit auf. Dieser KLARpsy-Text wurde von Mitarbeitenden des Leibniz-Instituts für Psychologie verfasst. Der KLARpsy-Text fasst die Übersichtsarbeit mit dem Titel Family involvement in psychotherapy for depression in children and adolescents: Systematic review and meta-analysis zusammen. Diese Übersichtsarbeit beinhaltet eine Metaanalyse. Die Übersichtsarbeit wurde 2022 veröffentlicht. Sie stammt von Nele Dippel und vier weiteren Forschenden der Universität Marburg und zwei weiteren Universitäten in Deutschland und den Niederlanden.
Was war das Ziel der Übersichtsarbeit?
Hintergrund:
Bisherige Forschung hat gezeigt, dass eine Psychotherapie Kindern und Jugendlichen mit Depression helfen kann. Sie wirkt im Durchschnitt aber nur mäßig gut. Das Verhalten der Bezugspersonen und die Situation in der Familie können einen Einfluss auf das Befinden des einzelnen Kindes oder Jugendlichen haben. Möglicherweise kann daher die Mitwirkung von Bezugspersonen oder der Familie an der Psychotherapie ihre Wirksamkeit verbessern.
Forschungsfrage:
Mit ihrer Übersichtsarbeit wollten die Forschenden herausfinden: Welchen Unterschied gibt es in der Wirksamkeit einer Psychotherapie bei Kindern und Jugendlichen mit Depression, wenn Bezugspersonen oder die Familie in die Therapie einbezogen werden?
Wie sind die Forschenden in der Übersichtsarbeit vorgegangen?
Welche Studien haben die Forschenden für die Übersichtsarbeit gesucht?
Die Forschenden suchten nach Studien, die die Wirksamkeit einer Psychotherapie für Kinder und Jugendliche bis 21 Jahren bei Depression, an der Bezugspersonen oder Familienangehörige teilnahmen, mit der Wirksamkeit anderer Behandlungen verglichen. Die Depression musste über wissenschaftliche Fragebögen ermittelt werden. Die Studien mussten außerdem Experimente sein. Das bedeutet, die Studienteilnehmenden mussten den unterschiedlichen Behandlungen im Vorhinein zufällig zugeordnet worden sein.
Welche Studien haben die Forschenden für die Übersichtsarbeit gefunden?
Die Forschenden fanden insgesamt 17 Studien aus den Jahren 1990 bis 2020, deren Ergebnisse sie mit einer Metaanalyse zusammenfassen konnten. Insgesamt sind das Studienergebnisse von 1 208 Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen 3 und 18 Jahren mit Depression.
Was haben die Forschenden in der Übersichtsarbeit gemacht?
In den 17 Studien schauten die Forschenden, ob sich die Depression des Kindes oder des/der Jugendlichen nach einer Psychotherapie stärker verbesserte, wenn Bezugspersonen oder die Familie daran mitwirkten.
Was haben die Forschenden in der Übersichtsarbeit untersucht?
Folgende Merkmale haben die Forschenden untersucht:
- Die Art der Behandlung
- Bezugspersonen, zum Beispiel die Eltern oder andere Familienangehörige, nahmen an einigen oder allen Psychotherapiesitzungen teil
- Die Kinder oder Jugendlichen nahmen ohne Bezugspersonen oder Familienangehörige an der Psychotherapie teil oder erhielten eine andere oder keine Behandlung
- Schwere der Depression nach der Behandlung
Hinweis der KLARpsy-Autor:innen
Sollten Ihnen Begriffe in diesem Abschnitt nicht vertraut sein, finden Sie eine Erklärung im KLARsaurus-Wörterbuch.
Was sind die wichtigsten Ergebnisse?
- Wenn Bezugspersonen oder die Familie an der Psychotherapie von Kindern oder Jugendlichen mit Depressionen teilnahmen, wirkte die Therapie besser. Cohen’s d betrug hier 0.34. Das ist ein kleiner Unterschied zwischen der Psychotherapie mit Bezugspersonen oder Familienangehörigen und anderen Behandlungen. Umgerechnet auf 100 Personen bedeutet dies: 63 von 100 Kindern und Jugendlichen hatten nach einer Psychotherapie mit Bezugspersonen oder der Familie eine weniger schwere Depression als der Durchschnitt der Kinder und Jugendlichen, die eine andere Behandlung oder keine Behandlung erhielten.
Wie lassen sich die Ergebnisse bewerten?
Was ist die Ursache für die Ergebnisse?
In der Übersichtsarbeit wurde ein Unterschied in der Wirksamkeit von Psychotherapien mit Bezugspersonen oder der Familien verglichen mit anderen oder keiner Behandlung beobachtet. Wegen der Art der Studien, die berücksichtigt wurden, kann man mit hoher Sicherheit sagen, dass das Mitwirken der Bezugspersonen oder der Familie auch die Ursache für den Unterschied ist.
Sind die Ergebnisse durch eingeschränktes Veröffentlichen von Studien verzerrt?
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Worum geht es? Eindeutige Forschungsergebnisse lassen sich leichter veröffentlichen als uneindeutige Ergebnisse. Das ist für Übersichtsarbeiten problematisch. Sie können unveröffentlichte Ergebnisse nämlich nicht berücksichtigen.
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Was bedeutet das für die vorliegende Übersichtsarbeit? Die Forschenden fanden keine Hinweise auf solche Verzerrungen. Sie nehmen deshalb an, dass der Unterschied in der Wirksamkeit zwischen der Psychotherapie mit den Bezugspersonen oder der Familie und anderen Behandlungen tatsächlich ähnlich groß ist wie in ihrer Übersichtsarbeit berechnet.
Wie zuverlässig sind die Ergebnisse?
Die Forschenden geben zu bedenken, dass die Ergebnisse der einzelnen Studien sehr verschieden waren. Dadurch ist das Ergebnis unsicher. Zudem konnten sie nur wenige Studien mit Kindern unter acht Jahren einschließen. Die Aussagekraft der Ergebnisse der Metaanalyse für besonders junge betroffene Kinder ist daher begrenzt.
Welchen Alltagsbezug sehen die Forschenden in der Übersichtsarbeit?
Die Forschenden schließen aus ihren Ergebnissen: Es ist wichtig, Bezugspersonen oder die Familie in die Psychotherapie der Depression bei Kindern und Jugendlichen einzubeziehen.
Bitte beachten Sie, falls Sie oder jemand in Ihrer Familie von Depression betroffen sind/ist: Die Wahl der Behandlung sollte erst nach Rücksprache mit Fachpersonal erfolgen.
Was ist noch zu beachten?
Wer hat die Übersichtsarbeit finanziert?
Die Erstellung der Übersichtsarbeit wurde nicht durch Dritte, zum Beispiel Stiftungen oder Unternehmen, finanziell gefördert oder unterstützt.
Berichten die Forschenden in der Übersichtsarbeit eigene Interessenkonflikte?
Die Forschenden berichten, dass keine Interessenkonflikte bei ihnen vorliegen.