Worum geht es?
KLARpsy-Texte bereiten Forschungsergebnisse aus der Psychologie für die Öffentlichkeit auf. Dieser KLARpsy-Text wurde von Mitarbeitenden des Leibniz-Instituts für Psychologie verfasst. Der KLARpsy-Text fasst die Übersichtsarbeit mit dem Titel Cooperative Behavior Evokes Interbrain Synchrony in the Prefrontal and Temporoparietal Cortex: A Systematic Review and Meta-Analysis of fNIRS Hyperscanning Studies zusammen. Diese Übersichtsarbeit beinhaltet eine Metaanalyse. Die Übersichtsarbeit wurde 2022 veröffentlicht. Sie stammt von Artur Czeszumski und sechs weiteren Forschenden der Universität Osnabrück und acht weiteren Instituten.
Was war das Ziel der Übersichtsarbeit?
Hintergrund:
Menschen arbeiten oft zusammen. Das können Freunde sein, die gemeinsam eine Aufgabe lösen oder zusammen Musik machen. Daher ist es wichtig, die Grundlagen von Zusammenarbeit besser zu verstehen. Eine Möglichkeit besteht darin, zu untersuchen, was in den Gehirnen von Menschen passiert, die zusammenarbeiten.
Forschungsfrage:
Mit ihrer Übersichtsarbeit wollten die Forschenden herausfinden: Welche Bereiche der Gehirne sind gleichzeitig aktiv, wenn Menschen zusammenarbeiten?
Wie sind die Forschenden in der Übersichtsarbeit vorgegangen?
Welche Studien haben die Forschenden für die Übersichtsarbeit gesucht?
Die Forschenden suchten nach Studien, die gleichzeitig die Gehirne von mindestens zwei Personen mittels funktioneller Nahinfrarotspektroskopie (fNIRS) untersuchten. Währenddessen mussten mindestens zwei Studienteilnehmende zusammen eine Aufgabe bearbeiten. Die Aufgaben waren zum Beispiel das Lösen eines Puzzles oder gemeinsames Malen.
Welche Studien haben die Forschenden für die Übersichtsarbeit gefunden?
Die Forschenden fanden insgesamt 13 Studien aus den Jahren 2016 bis 2021, deren Ergebnisse sie in einer Metaanalyse zusammenfassen konnten. Insgesamt sind das Studienergebnisse von 890 Menschen. Neun Studien wurden in China durchgeführt, eine in Japan und drei in den USA.
Was haben die Forschenden in der Übersichtsarbeit gemacht?
In den 13 Studien schauten die Forschenden, in welchen Gehirnbereichen Menschen, die zusammenarbeiten, eine stärkere gleichzeitige Aktivität hatten, als Menschen einer Vergleichsbedingung. In der Vergleichsbedingung arbeiteten die Menschen nicht zusammen: Sie mussten zum Beispiel dieselbe Aufgabe allein bearbeiten.
Was haben die Forschenden in der Übersichtsarbeit untersucht?
Folgendes wurde untersucht:
- ob Personen zusammenarbeiten oder nicht
- gleichzeitige Gehirnaktivität: erhöhte Aktivität in den gleichen Hirnbereichen bei mehreren Personen
- Merkmale der Personen, zum Beispiel:
- Alter
- Geschlecht
Hinweis der KLARpsy-Autor:innen
Sollten Ihnen Begriffe in diesem Abschnitt nicht vertraut sein, finden Sie eine Erklärung im KLARsaurus-Wörterbuch.
Was sind die wichtigsten Ergebnisse?
- Die gleichzeitige Aktivität im präfrontalen und temporoparietalen Cortex war bei Menschen, die zusammenarbeiten, größer als bei Menschen, die nicht zusammenarbeiten. Die Effektstärke Hedges g betrug hier 1.98. Das ist ein sehr großer Unterschied zwischen Menschen, die zusammenarbeiten und Menschen, die nicht zusammenarbeiten.
- Beim Vergleich der Menschen, die zusammenarbeiten, mit Menschen, die nicht zusammenarbeiten, war sonst kein anderer Gehirnbereich bedeutsam stärker gleichzeitig aktiv.
- Die Merkmale der Teilnehmenden haben sich nicht bedeutsam darauf ausgewirkt, wie groß die Unterschiede zwischen Menschen, die zusammenarbeiten und Menschen, die nicht zusammenarbeiten, waren.
Wie lassen sich die Ergebnisse bewerten?
Was ist die Ursache für die Ergebnisse?
In der Übersichtsarbeit wurde ein Unterschied der gleichzeitigen Gehirnaktivität von Menschen, die zusammenarbeiten und Menschen, die nicht zusammenarbeiten, beobachtet. Wegen der Art der Studien, die berücksichtigt wurden, kann man nicht sicher sagen, dass die Zusammenarbeit die stärkere gleichzeitige Aktivität im frontalen und temporoparietalen Gehirnbereich der Teilnehmenden auch verursacht.
Sind die Ergebnisse durch eingeschränktes Veröffentlichen von Studien verzerrt?
-
Worum geht es? Eindeutige Forschungsergebnisse lassen sich leichter veröffentlichen als uneindeutige Ergebnisse. Das ist für Übersichtsarbeiten problematisch. Sie können unveröffentlichte Ergebnisse nämlich nicht berücksichtigen.
-
Was bedeutet das für die vorliegende Übersichtsarbeit? Die Forschenden fanden Hinweise auf solche Verzerrungen. Sie haben sich bemüht, diese Verzerrungen zu berücksichtigen. Sie nehmen deshalb an, dass der Unterschied in der gleichzeitigen Gehirnaktivität tatsächlich ähnlich groß ist wie in ihrer Übersichtsarbeit berechnet.
Wie zuverlässig sind die Ergebnisse?
Die Forschenden geben zu bedenken: Die Ergebnisse der einzelnen Studien waren sehr verschieden. Das Ergebnis der Metaanalyse ist dadurch unsicher. Außerdem konnten sie nur wenige Studien in ihre Untersuchung einschließen. Deswegen war es nicht möglich, genauere Berechnungen durchzuführen. Zum Beispiel, ob sich die verschiedenen Kooperationsaufgaben in Bezug auf die gleichzeitige Aktivität zwischen den Gehirnbereichen der Teilnehmenden unterscheiden.
Welchen Alltagsbezug sehen die Forschenden in der Übersichtsarbeit?
Die Forschenden machen keine Angaben zur Bedeutung ihrer Ergebnisse im Alltag. Sie heben jedoch hervor, dass es wichtig ist, zu verstehen, was die biologischen Grundlagen dafür sein können, dass Menschen häufig erfolgreich zusammenarbeiten. Dass bestimmte Gehirnbereiche bei Personen, die zusammenarbeiten, gleichzeitig aktiv sind, könnte ein Hinweis auf eine im Gehirn verankerte Grundlage für das Zusammenarbeiten sein.
Was ist noch zu beachten?
Wer hat die Übersichtsarbeit finanziert?
Zwei der Forschenden erhielten finanzielle Unterstützung von Programmen der NBank und der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Das ist eine öffentliche Einrichtung zur Förderung der Wissenschaft. Eine Forschende wurde durch eine staatliche Stiftung aus den USA unterstützt. Einige Forschende wurden von einer staatlichen Organisation aus den Niederlanden finanziert, die Forschung fördert.
Berichten die Forschenden in der Übersichtsarbeit eigene Interessenkonflikte?
Die Forschenden berichten, dass bei ihnen keine Interessenskonflikte vorliegen.