Worum geht es?
KLARpsy-Texte bereiten Forschungsergebnisse aus der Psychologie für die Öffentlichkeit auf. Der KLARpsy-Text fasst die Übersichtsarbeit mit dem Titel A systematic review and meta‑analysis of associations between self‑regulation and morality in preschool and elementary school children zusammen. Der KLARpsy-Text wurde von einer Autorin der Übersichtsarbeit, Jessica Wilke (ehem. Schütz), und Mitarbeitenden des Leibniz-Instituts für Psychologie gemeinsam verfasst. Diese Übersichtsarbeit beinhaltet eine Metaanalyse. Die Übersichtsarbeit wurde 2023 veröffentlicht. Sie stammt von Jessica Wilke und Ute von Düring (ehem. Koglin) von der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg.
Was war das Ziel der Übersichtsarbeit?
Hintergrund:
Schon früh entwickeln Kinder einen Sinn für Gerechtigkeit und können sich fair und uneigennützig verhalten. Dann orientieren sie sich im Denken, Fühlen und Verhalten an moralischen Grundsätzen. Manchmal stehen die eigenen Wünsche jedoch im Gegensatz zu den Bedürfnissen anderer. Um dann moralisch zu handeln, müssen Kinder ihre Gedanken, Gefühle und ihr Verhalten regulieren, also steuern können. Diese Fähigkeit heißt Selbstregulation. Einzelne Studien zeigten, dass moralisches Denken, Fühlen und Verhalten mit Selbstregulation zusammenhängt. Wie genau sie zusammenhängen, untersucht die Übersichtsarbeit.
Forschungsfrage:
Wie hängt die Fähigkeit von Kindern, sich selbst zu regulieren, mit moralischem Denken, Fühlen und Verhalten zusammen?
Wie sind die Forschenden in der Übersichtsarbeit vorgegangen?
Welche Studien haben die Forschenden für die Übersichtsarbeit gesucht?
Die Forschenden betrachteten Studien, die bei Kindern den Zusammenhang zwischen der Fähigkeit, sich selbst zu regulieren, und dem moralischen Denken, Fühlen und Verhalten untersuchten. Die Kinder mussten im Kindergarten- oder Grundschulalter sein, also etwa zwischen 3 und 11 Jahren alt.
Welche Studien haben die Forschenden für die Übersichtsarbeit gefunden?
Die Forschenden fanden insgesamt 35 Studien aus den Jahren 1974 bis 2021, deren Ergebnisse sie mit einer Metaanalyse zusammenfassen konnten. Insgesamt sind das Ergebnisse von 4 990 Kindern. Die meisten Studien stammten aus Nordamerika. Die Fähigkeiten der Kinder und das moralische Denken, Fühlen und Verhalten erfassten die Studien über Fragebögen oder über Beobachtungen des Verhaltens.
Was haben die Forschenden in der Übersichtsarbeit gemacht?
In den 35 Studien schauten die Forschenden, wie die Fähigkeit von Kindern, sich selbst zu regulieren, mit dem moralischen Denken, Fühlen und Verhalten zusammenhing.
Was haben die Forschenden in der Übersichtsarbeit untersucht?
- Fähigkeit des Kindes, sich selbst zu regulieren, zum Beispiel:
- eigene Gefühle beeinflussen
- eigene Gedanken beeinflussen
- eigenes Verhalten zielgerichtet steuern
- moralisches Denken, Fühlen und Verhalten des Kindes, zum Beispiel:
- Meinungen und Urteile zu moralischen Problemen: zum Beispiel, ob man anderen in bestimmten Situationen helfen sollte
- zu moralischen Gefühlen wie Schuld oder einem schlechten Gewissen neigen
- nicht lügen oder stehlen, mit anderen teilen
Hinweis der KLARpsy-Autor:innen
Sollten Ihnen Begriffe in diesem Abschnitt nicht vertraut sein, finden Sie eine Erklärung im KLARsaurus-Wörterbuch.
Was sind die wichtigsten Ergebnisse?
- Die Fähigkeit, sich selbst zu regulieren, hing mit moralischem Denken, Fühlen und Verhalten zusammen. Je höher die Fähigkeit war, desto mehr orientierten sich Kinder in ihren Gedanken und im Verhalten an moralischen Grundsätzen. Und desto eher neigten sie auch zu moralischen Gefühlen wie Schuld nach einem Regelbruch. Das Maß für den Zusammenhang betrug 0.15. Das ist ein kleiner Zusammenhang.
- Besonders hoch war der Zusammenhang bei der Fähigkeit, die eigenen Gefühle zu regulieren. Hier betrug das Maß für den Zusammenhang 0.30. Das ist ein mittelgroßer Zusammenhang.
Wie lassen sich die Ergebnisse bewerten?
Was ist die Ursache für die Ergebnisse?
Die Übersichtsarbeit fand einen Zusammenhang zwischen der Fähigkeit von Kindern, sich selbst zu steuern und dem moralischen Denken, Fühlen und Verhalten. Aufgrund der Art der Studien kann man aber nicht sicher sagen, dass die Fähigkeit, sich selbst zu steuern, auch die Ursache für das moralische Denken und Verhalten ist. Oder ob es andersherum ist: Dass das moralische Denken, Fühlen und Verhalten der Kinder die Ursache dafür ist, dass sie sich besser regulieren können.
Sind die Ergebnisse durch eingeschränktes Veröffentlichen von Studien verzerrt?
- Worum geht es? Eindeutige Forschungsergebnisse lassen sich leichter veröffentlichen als uneindeutige Ergebnisse. Das ist für Übersichtsarbeiten problematisch. Sie können unveröffentlichte Ergebnisse nämlich nicht berücksichtigen.
- Was bedeutet das für die vorliegende Übersichtsarbeit? Die Forschenden fanden keine Hinweise auf solche Verzerrungen. Sie nehmen deshalb an, dass der Zusammenhang zwischen der Fähigkeit, sich selbst zu steuern, und moralischem Denken, Fühlen und Verhalten bei Kindern ähnlich groß ist wie in ihrer Übersichtsarbeit berechnet.
Wie zuverlässig sind die Ergebnisse?
Die Forschenden geben zu bedenken, dass einige Studien nur sehr kleine Stichproben hatten. Das kann dazu führen, dass die Ergebnisse dieser Studien verzerrt sind. Außerdem haben nur wenige Studien untersucht, wie sich die Fähigkeit, sich selbst zu regulieren, und das moralische Denken und Verhalten über einen längeren Zeitraum entwickeln. Daher kann die Übersichtsarbeit keine Aussage darüber treffen, wie sich beides bei Kindern über die Zeit entwickelt und vielleicht gegenseitig beeinflusst.
Welchen Alltagsbezug sehen die Forschenden in der Übersichtsarbeit?
Die Forschenden sehen Hinweise darauf, dass die Fähigkeit, die eigenen Gefühle und das Verhalten zu regulieren, Kindern helfen könnte, moralisch zu handeln. Das kann sich dann etwa darin zeigen, dass sie fairer mit anderen umgehen. Daher sollten Eltern, Erziehende und Lehrkräfte Kinder dabei unterstützen, diese Fähigkeit zu entwickeln.
Was ist noch zu beachten?
Wer hat die Übersichtsarbeit finanziert?
Die Erstellung der Übersichtsarbeit wurde nicht durch Dritte, zum Beispiel Stiftungen oder Unternehmen, finanziell gefördert oder unterstützt.
Berichten die Forschenden in der Übersichtsarbeit eigene Interessenkonflikte?
Die Forschenden berichten, dass keine