Worum geht es?
KLARpsy-Texte bereiten Forschungsergebnisse aus der Psychologie für die Öffentlichkeit auf. Dieser KLARpsy-Text wurde von Mitarbeitenden des Leibniz-Instituts für Psychologie verfasst. Der KLARpsy-Text fasst die Übersichtsarbeit mit dem Titel An umbrella review of the benefits and risks associated with youths’ interactions with electronic screens zusammen. Diese Übersichtsarbeit beinhaltet eine Metaanalyse. Die Übersichtsarbeit wurde 2023 veröffentlicht. Sie stammt von Taren Sanders und 19 weiteren Forschenden von der Australischen Katholischen Universität in New South Wales und 14 weiteren Instituten weltweit.
Was war das Ziel der Übersichtsarbeit?
Hintergrund:
Viele Kinder und Jugendliche nutzen regelmäßig den Computer, ihr Smartphone oder sehen fern. Einen großen Teil ihrer Freizeit verbringen sie damit vor einem Bildschirm. Die Nutzung solcher Medien, die „Bildschirmzeit“, macht vielen Eltern Sorgen. Es gibt schon viele einzelne Studien über den Zusammenhang zwischen der Bildschirmzeit und dem Lernerfolg und der psychischen oder körperlichen Gesundheit von Kindern. Unter „Lernerfolg“ verstanden vergangene Studien zum Beispiel Fähigkeiten im Lesen oder Rechnen.
Forschungsfrage:
Mit ihrer Übersichtsarbeit wollten die Forschenden die Ergebnisse früherer Übersichtsarbeiten zusammenfassen, um herauszufinden: 1) Wie hängt die Bildschirmzeit von Kindern und Jugendlichen mit ihrem Lernerfolg zusammen? 2) Wie hängt die Bildschirmzeit mit der Gesundheit der Kinder und Jugendlichen zusammen?
Wie sind die Forschenden in der Übersichtsarbeit vorgegangen?
Welche Studien haben die Forschenden für die Übersichtsarbeit gesucht?
Die Forschenden suchten nach Übersichtsarbeiten, die Einzelergebnisse zu den Zusammenhängen zwischen der Bildschirmzeit und Gesundheit und Lernerfolg bei Kindern und Jugendlichen zusammenfassen.
Welche Studien haben die Forschenden für die Übersichtsarbeit gefunden?
Die Forschenden fanden insgesamt 32 Übersichtsarbeiten aus den Jahren 1982 bis 2022. Die Übersichtsarbeiten enthalten insgesamt Ergebnisse von weltweit über 1 Million Kindern und Jugendlichen im Alter von 0 bis 17 Jahren.
Was haben die Forschenden in der Übersichtsarbeit gemacht?
In den 32 Übersichtsarbeiten schauten die Forschenden, wie verschiedene Arten der Nutzung von Bildschirm-Medien mit dem Lernerfolg und der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen zusammenhingen.
Was haben die Forschenden in der Übersichtsarbeit untersucht?
Folgende Merkmale haben die Forschenden unter anderem untersucht:
- Bildschirmzeit, zum Beispiel:
- Bildschirmzeit allgemein
- Bildschirmzeit mit Lerninhalten
- Internet und soziale Medien
- Lernerfolg: allgemein oder zum Beispiel die Lesefähigkeit
- Gesundheit
- Psychische Gesundheit: zum Beispiel Depression
- Gesundheitlich riskantes oder schädigendes Verhalten: zum Beispiel sexuell riskantes Verhalten
Hinweis der KLARpsy-Autor:innen
Sollten Ihnen Begriffe in diesem Abschnitt nicht vertraut sein, finden Sie eine Erklärung im KLARsaurus-Wörterbuch.
Was sind die wichtigsten Ergebnisse?
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Die allgemeine Bildschirmzeit hing negativ mit dem Lernerfolg zusammen. Je mehr Kinder und Jugendliche Bildschirm-Medien nutzten, desto geringer war ihr Lernerfolg. Die Korrelation r betrug -0.11. Das ist ein kleiner Zusammenhang.
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Wenn Kinder und Jugendliche die Bildschirm-Medien jedoch im Beisein der Eltern nutzten, war der Zusammenhang zumindest mit der Lesefähigkeit positiv. Auch wenn sie über die Bildschirm-Medien Lerninhalte aufnahmen, war der Zusammenhang mit der Lesefähigkeit positiv. Die Korrelationen r betrugen 0.15 und 0.13. Das sind kleine Zusammenhänge.
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Die psychische Gesundheit hing negativ mit der Nutzung des Internets zusammen. Je mehr Zeit Kinder und Jugendliche im Internet verbrachten, desto eher waren sie depressiv. Die Korrelation r betrug 0.25. Das ist ein kleiner Zusammenhang.
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Riskantes Gesundheitsverhalten hing mit der Nutzung sozialer Medien zusammen. Je mehr Kinder und Jugendliche soziale Medien nutzten, desto riskanter war ihr Gesundheitsverhalten. Zum Beispiel betrug die Korrelation r zwischen der Nutzung sozialer Medien und sexuell riskantem Verhalten 0.21. Das ist ein kleiner Zusammenhang.
Wie lassen sich die Ergebnisse bewerten?
Was ist die Ursache für die Ergebnisse?
Die Übersichtsarbeit berichtet Zusammenhänge zwischen der Bildschirmzeit und dem Lernerfolg und der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen. Wegen der Art der Studien, die berücksichtigt wurden, weiß man nur, dass es diese Zusammenhänge gibt. Dies bedeutet nicht, dass die Bildschirmzeit die Ursache für den Lernerfolg und die Gesundheit ist. So könnte es zum Beispiel grundsätzlich auch sein, dass Kinder, die weniger Lernerfolg haben, sich eher Bildschirm-Medien zuwenden.
Sind die Ergebnisse durch eingeschränktes Veröffentlichen von Studien verzerrt?
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Worum geht es? Eindeutige Forschungsergebnisse lassen sich leichter veröffentlichen als uneindeutige Ergebnisse. Das ist für Übersichtsarbeiten problematisch. Sie können unveröffentlichte Ergebnisse nämlich nicht berücksichtigen.
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Was bedeutet das für die vorliegende Übersichtsarbeit? Die Forschenden fanden Hinweise auf solche Verzerrungen. Sie haben sich bemüht, diese Verzerrungen zu berücksichtigen. Sie nehmen deshalb an, dass die Zusammenhänge tatsächlich ähnlich groß sind wie in ihrer Übersichtsarbeit berechnet.
Wie zuverlässig sind die Ergebnisse?
Die vorliegende Übersichtsarbeit hatte zum Ziel, andere Übersichtsarbeiten zusammen zu fassen. Damit kann man einen sehr umfassenden Eindruck von den Zusammenhängen zwischen der Bildschirmzeit und dem Lernerfolg und der Gesundheit von Kindern erhalten. Dies führt allerdings auch dazu, dass man sehr viele Ergebnisse erhält. Die Forschenden weisen darauf hin, dass sie aufgrund der großen Menge ihrer Ergebnisse im Rahmen ihrer Arbeit nicht ermitteln konnten, weshalb es die Zusammenhänge gibt. Dazu gehört zum Beispiel, ob der soziale Status der Kinder eine Rolle spielt.
Welchen Alltagsbezug sehen die Forschenden in der Übersichtsarbeit?
Man kann nicht allgemein sagen, ob die Bildschirmzeit Kindern und Jugendlichen hinsichtlich ihres Lernerfolgs und ihrer Gesundheit eher schadet oder nutzt. Die Forschenden betonen, dass es weniger um die Dauer der Mediennutzung oder um die Art der Medien geht. Wenn man den Schaden oder Nutzen beurteilen will, ist etwas anderes wichtiger. Nämlich, was die Kinder und Jugendlichen sich genau anschauen. Die Inhalte der Mediennutzung sind wichtiger als die Zeit, die sie am Bildschirm verbringen. Und ihre persönliche Situation spielt eine wichtige Rolle: Wie geht es den Kindern und wie sieht ihr familiäres und gesellschaftliches Umfeld aus?
Was ist noch zu beachten?
Wer hat die Übersichtsarbeit finanziert?
Die Erstellung der Übersichtsarbeit wurde nicht durch Dritte, zum Beispiel Stiftungen oder Unternehmen, finanziell gefördert oder unterstützt.
Berichten die Forschenden in der Übersichtsarbeit eigene Interessenkonflikte?
Die Forschenden berichten, dass keine Interessenkonflikte bei ihnen vorliegen.