Worum geht es?
KLARpsy-Texte bereiten Forschungsergebnisse aus der Psychologie für die Öffentlichkeit auf. Dieser KLARpsy-Text wurde von Mitarbeitenden des Leibniz-Instituts für Psychologie verfasst. Der KLARpsy-Text fasst die Übersichtsarbeit mit dem Titel Predicting Big Five personality traits from smartphone data: A meta-analysis on the potential of digital phenotyping zusammen. Diese Übersichtsarbeit beinhaltet eine Metaanalyse. Die Übersichtsarbeit wurde 2023 veröffentlicht. Sie stammt von Davide Marengo und zwei weiteren Forschenden der Universität Turin in Italien und zwei weiteren Forschungsinstituten in den USA und Deutschland.
Was war das Ziel der Übersichtsarbeit?
Hintergrund:
Über fünf Milliarden Menschen weltweit nutzen Smartphones. Wenn sie etwa Apps oder die Standortfunktion nutzen, erzeugt das große Datenmengen. Für Forschende können diese Daten sehr interessant sein, weil sie Auskunft über das Verhalten von Menschen geben. Und in der Psychologie beschäftigen sich Forschende schon lange mit der Frage, wie die Persönlichkeit mit dem Verhalten im Alltag zusammenhängt. Besonders häufig untersuchen sie dabei fünf Hauptmerkmale der Persönlichkeit. In den letzten Jahren gibt es daher immer mehr Studien dazu, wie diese Hauptmerkmale der Persönlichkeit und die Nutzung von Smartphones zusammenhängen.
Forschungsfrage:
Mit ihrer Übersichtsarbeit wollten die Forschenden herausfinden: Wie hängen fünf Hauptmerkmale der Persönlichkeit damit zusammen, wie Menschen ihr Smartphone nutzen?
Wie sind die Forschenden in der Übersichtsarbeit vorgegangen?
Welche Studien haben die Forschenden für die Übersichtsarbeit gesucht?
Die Forschenden suchten nach Studien, die untersuchten, wie die Nutzung des Smartphones mit fünf Hauptmerkmalen der Persönlichkeit zusammenhing. Die Studien mussten die Persönlichkeit mit wissenschaftlichen Fragebögen gemessen haben. Die Smartphone-Nutzung musste direkt gemessen und nicht nur von den Teilnehmenden berichtet werden.
Welche Studien haben die Forschenden für die Übersichtsarbeit gefunden?
Die Forschenden fanden insgesamt 21 Studien aus den Jahren 2013 bis 2020, deren Ergebnisse sie mit einer Metaanalyse zusammenfassen konnten. Insgesamt sind das Studienergebnisse von Smartphone-Nutzenden aus sechs verschiedenen Ländern, darunter USA, China und Iran.
Was haben die Forschenden in der Übersichtsarbeit gemacht?
In den 21 Studien schauten die Forschenden, wie fünf Hauptmerkmale der Persönlichkeit damit zusammenhingen, wie Menschen ihr Smartphone nutzten.
Was haben die Forschenden in der Übersichtsarbeit untersucht?
Folgende Merkmale haben die Forschenden untersucht:
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Fünf Hauptmerkmale der Persönlichkeit
- Extraversion: Neigung zu Aktivität und Geselligkeit
- Offenheit für Erfahrungen
- Gewissenhaftigkeit: Neigung zu Ordentlichkeit und Pflichtbewusstsein
- Verträglichkeit: Neigung zu Hilfsbereitschaft und Mitgefühl
- Neurotizismus: Neigung zu Ängstlichkeit und Stimmungsschwankungen
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Smartphone-Daten
- Zum Beispiel: Nutzung von Apps, Standort-Daten, Anrufe und Textnachrichten
Hinweis der KLARpsy-Autor:innen
Sollten Ihnen Begriffe in diesem Abschnitt nicht vertraut sein, finden Sie eine Erklärung im KLARsaurus-Wörterbuch.
Was sind die wichtigsten Ergebnisse?
- Extraversion hing damit zusammen, wie Menschen ihr Smartphone nutzten. Die Korrelation r betrug 0.35. Das ist ein mittelgroßer Zusammenhang. Dies kann zum Beispiel bedeuten, dass Standort-Daten oder die Nutzung sozialer Medien Hinweise dafür sein können, wie ausgeprägt bei jemandem die Neigung zu Geselligkeit und Aktivität ist.
- Offenheit für Erfahrung hing ebenfalls damit zusammen, wie Menschen ihr Smartphone nutzten. Der Zusammenhang war aber nicht so groß wie bei der Extraversion. Die Korrelation r betrug hier 0.25. Das ist ein kleiner Zusammenhang.
- Gewissenhaftigkeit hing auch damit zusammen, wie Menschen ihr Smartphone nutzten. Die Korrelation r betrug 0.23. Das ist ein kleiner Zusammenhang.
- Auch Verträglichkeit und Neurotizismus hingen damit zusammen, wie Menschen ihr Smartphone nutzten. Die Korrelation r betrug für beide Merkmale 0.24. Das ist ein kleiner Zusammenhang.
Wie lassen sich die Ergebnisse bewerten?
Was ist die Ursache für die Ergebnisse?
In der Übersichtsarbeit wurden Zusammenhänge zwischen wichtigen Merkmalen der Persönlichkeit und der Nutzung des Smartphones beobachtet. Wegen der Art der Studien, die berücksichtigt wurden, weiß man nur, dass es diese Zusammenhänge gibt. Dies bedeutet nicht, dass die Nutzung des Smartphones die Persönlichkeit beeinflussen muss. Oder dass die Persönlichkeit die Ursache dafür ist, wie Menschen ihr Smartphone nutzen.
Sind die Ergebnisse durch eingeschränktes Veröffentlichen von Studien verzerrt?
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Worum geht es? Eindeutige Forschungsergebnisse lassen sich leichter veröffentlichen als uneindeutige Ergebnisse. Das ist für Übersichtsarbeiten problematisch. Sie können unveröffentlichte Ergebnisse nämlich nicht berücksichtigen.
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Was bedeutet das für die vorliegende Übersichtsarbeit? Die Forschenden fanden Hinweise auf solche Verzerrungen. Sie nehmen deshalb an, dass der Zusammenhang zwischen der Nutzung des Smartphones und einigen Merkmalen der Persönlichkeit tatsächlich kleiner ist als berechnet.
Wie zuverlässig sind die Ergebnisse?
Die Forschenden merken an, dass die Ergebnisse der einzelnen Studien sehr unterschiedlich waren. Das macht die Gesamtergebnisse der Übersichtsarbeit weniger aussagekräftig. Außerdem geben sie zu bedenken, dass die Forschung mit Smartphone-Daten noch sehr jung ist. Daher gab es für die Übersichtsarbeit nur relativ wenige Studien.
Welchen Alltagsbezug sehen die Forschenden in der Übersichtsarbeit?
Die Forschenden merken an, dass man aufgrund der eher kleinen Zusammenhänge nicht von der Nutzung des Smartphones auf die Persönlichkeit schließen kann – und umgekehrt. Allerdings meinen sie, dass Unternehmen das Wissen über die Zusammenhänge nutzen könnten, um Werbung besser auf Nutzende zuzuschneiden. Wenn sich bei Nutzenden etwa häufig der Standort wechselt, könnte dies mit Extraversion zusammenhängen. Diese Personen könnten dann Werbung bekommen, die auf Aktivität und Geselligkeit abzielt. Die Forschenden weisen darauf hin, dass sich hieraus natürlich auch Herausforderungen für den Datenschutz ergeben.
Was ist noch zu beachten?
Wer hat die Übersichtsarbeit finanziert?
Die Erstellung der Übersichtsarbeit wurde nicht durch Dritte, zum Beispiel Stiftungen oder Unternehmen, finanziell gefördert oder unterstützt.
Berichten die Forschenden in der Übersichtsarbeit eigene Interessenkonflikte?
Die Forschenden berichten, dass keine Interessenkonflikte bei ihnen vorliegen.