Worum geht es?
KLARpsy-Texte bereiten Forschungsergebnisse aus der Psychologie für die Öffentlichkeit auf. Dieser KLARpsy-Text wurde von Mitarbeitenden des Leibniz-Instituts für Psychologie verfasst. Der KLARpsy-Text fasst die Übersichtsarbeit mit dem Titel Technology-assisted supplemental work: A meta-analysis zusammen. Diese Übersichtsarbeit beinhaltet eine Metaanalyse. Die Übersichtsarbeit wurde 2023 veröffentlicht. Sie stammt von Clara Kühner und vier weiteren Forschenden von der Universität Leipzig und drei weiteren Universitäten.
Was war das Ziel der Übersichtsarbeit?
Hintergrund:
In Europa arbeitet einer von fünf Beschäftigten nach Feierabend. Wenn das über technische Geräte wie Smartphones oder Laptops passiert, spricht man von technisch gestützter Mehrarbeit. Ein Beispiel ist, wenn Beschäftigte nach Feierabend ihre E-Mails abrufen oder geschäftliche Anrufe entgegennehmen. Bisher ist noch unklar, unter welchen Umständen es zu mehr technisch gestützter Mehrarbeit kommt und welche Folgen sie für die Betroffenen hat.
Forschungsfrage:
Mit ihrer Übersichtsarbeit wollten die Forschenden herausfinden:
- Unter welchen Umständen kommt es zu technisch gestützter Mehrarbeit?
- Welche Folgen hat technisch gestützte Mehrarbeit für die Beschäftigten?
Wie sind die Forschenden in der Übersichtsarbeit vorgegangen?
Welche Studien haben die Forschenden für die Übersichtsarbeit gesucht?
Die Forschenden suchten nach Studien zu technisch gestützter Mehrarbeit. Die technisch gestützte Mehrarbeit musste außerhalb normaler Arbeitszeiten stattfinden. Die Studien mussten Zusammenhänge zu Merkmalen der Arbeit und der Beschäftigten untersuchen. Außerdem suchten die Forschenden nur Studien zu technisch gestützter Mehrarbeit, die Beschäftigte vor der Corona-Pandemie befragten. Die Studien mussten arbeitstätige Erwachsene untersuchen. Diese Erwachsenen mussten nicht repräsentativ für die Gesamtbevölkerung sein.
Welche Studien haben die Forschenden für die Übersichtsarbeit gefunden?
Die Forschenden fanden insgesamt 77 Studien aus den Jahren 2005 bis 2022, deren Ergebnisse sie mit einer Metaanalyse zusammenfassen konnten. Insgesamt sind das Studienergebnisse von 39 085 Beschäftigten.
Was haben die Forschenden in der Übersichtsarbeit gemacht?
In den 77 Studien schauten die Forschenden, wie technisch gestützte Mehrarbeit mit verschiedenen Merkmalen der Beschäftigten und der Arbeit zusammenhing.
Was haben die Forschenden in der Übersichtsarbeit untersucht?
Die Forschenden betrachteten folgende Merkmale der Beschäftigten und ihrer Arbeit:
-
Ob die Beschäftigten technisch gestützte Mehrarbeit machten
-
Verschiedene Bedingungen für technisch gestützte Mehrarbeit
- Sozialer Druck im Unternehmen
- Zum Beispiel: Erwartungen an die Verfügbarkeit der Beschäftigten nach Feierabend
- Merkmale der Arbeit
- Zum Beispiel: Arbeitsumfang
- Eigenschaften der Beschäftigten
- Zum Beispiel: Positive Einstellung zu technisch gestützter Mehrarbeit
- Sozialer Druck im Unternehmen
-
Folgen technisch gestützter Mehrarbeit für die Beschäftigten
- Erholung, Wohlbefinden, Work-Life-Balance, Arbeitsverhalten
Hinweis der KLARpsy-Autor:innen
Sollten Ihnen Begriffe in diesem Abschnitt nicht vertraut sein, finden Sie eine Erklärung im KLARsaurus-Wörterbuch.
Was sind die wichtigsten Ergebnisse?
- Sozialer Druck hing mit technisch gestützter Mehrarbeit zusammen. Der stärkste Zusammenhang wurde mit den Erwartungen an die Verfügbarkeit der Beschäftigten gefunden. Je höher die Erwartung an die Verfügbarkeit war, desto mehr Mehrarbeit fand statt. Die Korrelation r betrug hier 0.45. Das ist ein mittelgroßer Zusammenhang.
- Merkmale der Arbeit hingen mit technisch gestützter Mehrarbeit zusammen. Der stärkste Zusammenhang wurde mit dem Arbeitsumfang gefunden. Je größer der Arbeitsumfang war, desto mehr Mehrarbeit fand statt. Die Korrelation r betrug hier 0.32. Das ist ein mittelgroßer Zusammenhang.
- Merkmale der Beschäftigten hingen mit technisch gestützter Mehrarbeit zusammen. Der stärkste Zusammenhang wurde mit positiven Einstellungen der Beschäftigten gefunden. Je besser die Beschäftigten technisch gestützte Mehrarbeit fanden, desto mehr Mehrarbeit leisteten sie. Die Korrelation r betrug hier 0.37. Das ist ein mittelgroßer Zusammenhang.
- Die Erholung, das Wohlbefinden und die Work-Life-Balance der Beschäftigten hingen mit technisch gestützter Mehrarbeit zusammen. Der stärkste Zusammenhang wurde mit dem Abschalten von der Arbeit gefunden. Beschäftigte, die mehr technisch gestützte Mehrarbeit leisteten, konnten schlechter abschalten. Die Korrelation r betrug hier 0.38. Das ist ein mittelgroßer Zusammenhang.
- Das Arbeitsverhalten und die Einstellung der Beschäftigten zur Arbeit hingen mit technisch gestützter Mehrarbeit zusammen. Der stärkste Zusammenhang wurde mit der Arbeitsleistung gefunden. Beschäftigte, die mehr technisch gestützte Mehrarbeit leisteten, hatten eine höhere Arbeitsleistung. Die Korrelation r betrug hier 0.27. Das ist ein kleiner Zusammenhang.
Wie lassen sich die Ergebnisse bewerten?
Was ist die Ursache für die Ergebnisse?
In der Übersichtsarbeit wurden Zusammenhänge zwischen technisch gestützter Mehrarbeit und Merkmalen der Beschäftigten und ihrer Arbeit beobachtet. Wegen der Art der Studien, die berücksichtigt wurden, weiß man nur, dass es diese Zusammenhänge gibt. Man kann aber nicht sicher sagen, dass technisch gestützte Mehrarbeit diese Zusammenhänge verursacht.
Sind die Ergebnisse durch eingeschränktes Veröffentlichen von Studien verzerrt?
-
Worum geht es? Eindeutige Forschungsergebnisse lassen sich leichter veröffentlichen als uneindeutige Ergebnisse. Das ist für Übersichtsarbeiten problematisch. Sie können unveröffentlichte Ergebnisse nämlich nicht berücksichtigen.
-
Was bedeutet das für die vorliegende Übersichtsarbeit? Die Forschenden fanden keine Hinweise auf solche Verzerrungen. Sie nehmen deshalb an, dass die Zusammenhänge zwischen technisch gestützter Mehrarbeit und Merkmalen der Beschäftigten und ihrer Arbeit tatsächlich ähnlich groß sind wie in ihrer Übersichtsarbeit berechnet.
Wie zuverlässig sind die Ergebnisse?
Die Forschenden geben zu bedenken: Die Forschenden konnten in der Übersichtsarbeit nicht untersuchen, ob die Beschäftigten technisch gestützte Mehrarbeit freiwillig oder unfreiwillig leisteten. Das könnte sich aber auf die Folgen, die die Mehrarbeit hat, auswirken. Genauso könnte es auch einen Unterschied machen, ob technisch gestützte Mehrarbeit hauptberuflich oder nebenberuflich geleistet wird. Die eingeschlossenen Studien machten dazu keine Angaben.
Welchen Alltagsbezug sehen die Forschenden in der Übersichtsarbeit?
Die Forschenden schließen aus der Übersichtsarbeit, dass technisch gestützte Mehrarbeit gute und schlechte Seiten hat. Organisationen müssen allerdings Wege finden, um die Erholung und das Wohlbefinden ihrer Beschäftigten bei technisch gestützter Mehrarbeit zu schützen. Dies sei besonders wichtig, da die Arbeitswelt immer stärker digitalisiert wird.
Was ist noch zu beachten?
Wer hat die Übersichtsarbeit finanziert?
Die Erstellung der Übersichtsarbeit wurde durch die VolkswagenStiftung finanziert. Das ist eine gemeinnützige Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Technik.
Berichten die Forschenden in der Übersichtsarbeit eigene Interessenkonflikte?
Die Forschenden berichten, dass keine Interessenkonflikte bei ihnen vorliegen.