Worum geht es?
KLARpsy-Texte bereiten Forschungsergebnisse aus der Psychologie für die Öffentlichkeit auf. Dieser KLARpsy-Text wurde von Mitarbeitenden des Leibniz-Instituts für Psychologie verfasst. Der KLARpsy-Text fasst die Übersichtsarbeit mit dem Titel Racialised identity, racism and the mental health of children and adolescents zusammen. Diese Übersichtsarbeit beinhaltet eine Metaanalyse. Die Übersichtsarbeit wurde 2023 veröffentlicht. Sie stammt von Felicia Boma Lazaridou und drei weiteren Forschenden von der Charité Universitätsmedizin Berlin und drei weiteren Instituten.
Was war das Ziel der Übersichtsarbeit?
Hintergrund:
In der Forschung beobachtet man schon lange, dass das Erleben von Rassismus zu psychischen Problemen führen kann. Wie stark dieser Zusammenhang ist, schwankt jedoch. Die „Racialized Identity“, die persönlich empfundene Zugehörigkeit zu einer Rasse oder Volksgruppe, könnte dabei eine Rolle spielen. Dieses Zugehörigkeitsgefühl könnte die Auswirkungen rassistischer Erlebnisse verstärken oder abschwächen. Wie der Zusammenhang bei Kindern und Jugendlichen ist, deren Selbstbild sich noch entwickelt, ist außerdem unklar.
Forschungsfrage:
Mit ihrer Übersichtsarbeit wollten die Forschenden herausfinden:
- Gibt es einen Zusammenhang zwischen erlebtem Rassismus und psychischen Problemen bei Kindern und Jugendlichen?
- Wie stark und in welche Richtung beeinflusst das Ausmaß der persönlich empfundenen Zugehörigkeit zu einer Rasse oder Volksgruppe diesen Zusammenhang?
Wie sind die Forschenden in der Übersichtsarbeit vorgegangen?
Welche Studien haben die Forschenden für die Übersichtsarbeit gesucht?
Die Forschenden suchten nach Studien, die den Zusammenhang zwischen erlebtem Rassismus und der empfundene Zugehörigkeit zu einer Rasse oder Volksgruppe auf psychische Probleme untersuchten. Es wurden nur Studien mit Kindern und Jugendlichen betrachtet.
Welche Studien haben die Forschenden für die Übersichtsarbeit gefunden?
Die Forschenden fanden insgesamt 8 Studien aus den Jahren 2013 bis 2022, deren Ergebnisse sie zu einer Metaanalyse zusammenfassen konnten. Insgesamt sind das Studienergebnisse von 2 146 Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen 7 und 18 Jahren. Die Studienteilnehmenden hatten eine mexikanische, afro-amerikanische, marokkanische, tunesische, südkoreanische, lateinamerikanische, indigen amerikanische, multikulturelle Herkunft oder waren dunkelhäutig. Die Studien wurden in den USA, Belgien und Kolumbien durchgeführt.
Was haben die Forschenden in der Übersichtsarbeit gemacht?
In den 8 Studien schauten die Forschenden, ob es den Zusammenhang zwischen dem Erleben von Rassismus und psychischen Problemen auch bei Kindern und Jugendlichen gab. Zudem betrachteten sie, ob und wie stark die empfundene Zugehörigkeit zu einer Rasse oder Volksgruppe diesen Zusammenhang veränderte.
Was haben die Forschenden in der Übersichtsarbeit untersucht?
Folgende Merkmale wurden untersucht:
- erlebter Rassismus, etwa das persönliche Erleben rassistischer Behandlungen oder Äußerungen
- Psychische Probleme, beispielsweise Depressivität, Ängstlichkeit, Aggressivität, Drogenkonsum
- das Ausmaß der empfundenen Zugehörigkeit zu einer Rasse oder Volksgruppe, beispielsweise das Zugehörigkeitsgefühl zu People of Color oder einem indigenen Volk
Hinweis der KLARpsy-Autor:innen
Sollten Ihnen Begriffe in diesem Abschnitt nicht vertraut sein, finden Sie eine Erklärung im KLARsaurus-Wörterbuch.
Was sind die wichtigsten Ergebnisse?
- Kinder und Jugendliche, die Rassismus erlebt haben, zeigten auch eher psychische Probleme. Die Korrelation r betrug 0.26. Das ist ein mittelgroßer Zusammenhang.
- Die empfundene Zugehörigkeit zu einer Rasse oder Volksgruppe veränderte den Zusammenhang zwischen dem Erleben von Rassismus und den psychischen Problemen statistisch nicht bedeutsam.
Wie lassen sich die Ergebnisse bewerten?
Was ist die Ursache für die Ergebnisse?
In der Übersichtsarbeit wurde ein Zusammenhang zwischen erlebtem Rassismus und psychischen Problemen bei Kindern und Jugendlichen gefunden. Die persönlich empfundene Zugehörigkeit zu einer Rasse oder Volksgruppe veränderte diesen Zusammenhang statistisch nicht bedeutsam. Wegen der Art der Studien, die berücksichtigt wurden, kann man aber nicht sicher sagen, dass das Erleben von Rassismus auch die Ursache für die psychischen Probleme bei Kindern und Jugendlichen ist.
Sind die Ergebnisse durch eingeschränktes Veröffentlichen von Studien verzerrt?
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Worum geht es? Eindeutige Forschungsergebnisse lassen sich leichter veröffentlichen als uneindeutige Ergebnisse. Das ist für Übersichtsarbeiten problematisch. Sie können unveröffentlichte Ergebnisse nämlich nicht berücksichtigen.
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Was bedeutet das für die vorliegende Übersichtsarbeit? Die Forschenden machen keine Angaben dazu, ob es Hinweise auf solche Verzerrungen gibt. Ob die Zusammenhänge zwischen dem Erleben von Rassismus und psychischen Problemen bei Kindern und Jugendlichen tatsächlich kleiner sind als in dieser Übersichtsarbeit berechnet, bleibt damit unklar.
Wie zuverlässig sind die Ergebnisse?
Die Forschenden geben zu bedenken: Die Forschenden fanden nur wenige Studien, die das Zusammenwirken von erlebtem Rassismus und der persönlich empfundenen Zugehörigkeit zu einer Rasse oder Volksgruppe untersuchten. Die Ergebnisse der Metaanalyse sind daher unsicher. Zudem haben die Forschenden weitere Faktoren, die den Zusammenhang zwischen dem Erleben von Rassismus und psychischen Problemen beeinflussen können, nicht berücksichtigt. Die Aussagen der Metaanalyse sind daher vorsichtig zu beurteilen.
Welchen Alltagsbezug sehen die Forschenden in der Übersichtsarbeit?
Bereits bei Kindern und Jugendlichen hängt das Erleben von Rassismus mit psychische Problemen zusammen. Insbesondere in der Schule kann erlebter Rassismus weitreichende Folgen für die Opfer haben. Folgen können Schulverweigerung, Hoffnungslosigkeit oder Aggressionen gegenüber anderen sein. Schule und Unterricht sollten daher Lernmöglichkeiten bieten, um sich mit der Vielfalt menschlicher Merkmale auseinanderzusetzen.
Was ist noch zu beachten?
Wer hat die Übersichtsarbeit finanziert?
Für die öffentlich zugängliche Veröffentlichung der Übersichtsarbeit erhielten die Forschenden finanzielle Förderungen durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.
Berichten die Forschenden in der Übersichtsarbeit eigene Interessenkonflikte?
Die Forschenden berichten, dass sie finanzielle Förderung durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend erhalten haben.