Worum geht es?
KLARpsy-Texte bereiten Forschungsergebnisse aus der Psychologie für die Öffentlichkeit auf. Dieser KLARpsy-Text wurde von Mitarbeitenden des Leibniz-Instituts für Psychologie verfasst. Der KLARpsy-Text fasst die Übersichtsarbeit mit dem Titel Workplace mental health screening: a systematic review and meta-analysis zusammen. Diese Übersichtsarbeit beinhaltet eine Metaanalyse. Die Übersichtsarbeit wurde 2023 veröffentlicht. Sie stammt von Jessica Strudwick und neun weiteren Forschenden von der Universität New South Wales in Australien und zwei weiteren Instituten in der Schweiz und in Schweden.
Was war das Ziel der Übersichtsarbeit?
Hintergrund:
Um die psychische Gesundheit am Arbeitsplatz zu fördern, können Untersuchungen zur Früherkennung psychischer Probleme, zum Beispiel einer Depression, stattfinden. Die Beschäftigten erhalten eine Rückmeldung und manchmal bei Bedarf eine Beratung oder Behandlung. Der Grundgedanke: Wenn psychische Probleme früh erkannt werden, helfen Behandlungen schneller und besser. Die Früherkennungen sind aber auch fehleranfällig und werden manchmal nicht gut angenommen. Daher ist es wichtig, herauszufinden, wovon es abhängt, ob die Untersuchungen die psychische Gesundheit wirklich verbessern.
Forschungsfrage:
Mit ihrer Übersichtsarbeit wollten die Forschenden herausfinden:
- Verbessern Untersuchungen zur Früherkennung psychischer Probleme am Arbeitsplatz die psychische Gesundheit, wenn Beschäftigte im Anschluss eine Beratung erhalten?
- Verbessern die Untersuchungen die psychische Gesundheit, wenn Beschäftigte im Anschluss eine Behandlung erhalten?
Wie sind die Forschenden in der Übersichtsarbeit vorgegangen?
Welche Studien haben die Forschenden für die Übersichtsarbeit gesucht?
Die Forschenden suchten nach Studien, die untersuchten, ob sich die psychische Gesundheit nach einer Untersuchung zur Früherkennung psychischer Probleme mit einer anschließenden Beratung oder Behandlung verbessert. Dabei wurden Beschäftigte mit anderen Beschäftigten verglichen, die nur die Untersuchung oder gar keine Untersuchung erhielten.
Welche Studien haben die Forschenden für die Übersichtsarbeit gefunden?
Die Forschenden fanden insgesamt 11 Studien aus den Jahren 2003 bis 2019, deren Ergebnisse sie mit einer Metaanalyse zusammenfassen konnten. Insgesamt sind das Ergebnisse von 2 940 Beschäftigten aus dem Bankensektor, dem Gesundheitswesen, der öffentlichen Verwaltung sowie aus der Fleischverarbeitung und anderen Industrien. Die Teilnehmenden stammten aus den Niederlanden, den USA, Großbritannien und Belgien.
Was haben die Forschenden in der Übersichtsarbeit gemacht?
In den 11 Studien schauten die Forschenden, ob es Unterschiede in der psychischen Gesundheit Beschäftigter abhängig davon gab, welche Art der Untersuchung zur Früherkennung psychischer Probleme sie erhielten.
Was haben die Forschenden in der Übersichtsarbeit untersucht?
Folgende Merkmale haben die Forschenden untersucht:
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Welche Art der Untersuchung zur Früherkennung psychischer Probleme erhielten die Beschäftigten?
- Untersuchung mit Beratung
- Untersuchung mit Behandlung, zum Beispiel eine anschließende Psychotherapie
- Untersuchung ohne Beratung oder Behandlung oder keine Untersuchung
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psychische Gesundheit nach der Untersuchung mit oder ohne Beratung oder Behandlung
Hinweis der KLARpsy-Autor:innen
Sollten Ihnen Begriffe in diesem Abschnitt nicht vertraut sein, finden Sie eine Erklärung im KLARsaurus-Wörterbuch.
Was sind die wichtigsten Ergebnisse?
- Wenn sie nur eine Beratung zu dem Ergebnis ihrer Untersuchung bekamen, verbesserte sich die psychische Gesundheit der Beschäftigten mit psychischen Problemen nicht bedeutsam.
- Wenn Beschäftigte mit psychischen Problemen im Anschluss an die Untersuchung eine Behandlung erhielten, verbesserte sich ihre psychische Gesundheit leicht. Das Maß für Unterschiede Cohens d betrug 0.22. Das ist ein kleiner Unterschied. Umgerechnet auf 100 Beschäftigte mit psychischen Problemen bedeutet dies: 59 von 100 Beschäftigten, die nach der Untersuchung eine Behandlung erhielten, hatten eine bessere psychische Gesundheit als der Durchschnitt der Beschäftigten ohne anschließende Behandlung.
Wie lassen sich die Ergebnisse bewerten?
Was ist die Ursache für die Ergebnisse?
In der Übersichtsarbeit wurden Unterschiede in der psychischen Gesundheit von Beschäftigten betrachtet. Dabei interessierte die Forschenden, wann Untersuchungen zur Früherkennung psychischer Probleme die psychische Gesundheit verbessern. Wegen der Art der Studien, die berücksichtigt wurden, weiß man nur, dass es einen Unterschied macht, wenn Beschäftigte nach der Untersuchung eine Behandlung erhalten. Man kann aber nicht sicher sagen, dass dies die Ursache für den Unterschied ist.
Sind die Ergebnisse durch eingeschränktes Veröffentlichen von Studien verzerrt?
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Worum geht es? Eindeutige Forschungsergebnisse lassen sich leichter veröffentlichen als uneindeutige Ergebnisse. Das ist für Übersichtsarbeiten problematisch. Sie können unveröffentlichte Ergebnisse nämlich nicht berücksichtigen.
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Was bedeutet das für die vorliegende Übersichtsarbeit? Die Forschenden fanden keine Hinweise auf solche Verzerrungen. Sie nehmen deshalb an, dass die Wirksamkeit von Untersuchungen zur Früherkennung psychischer Probleme am Arbeitsplatz ähnlich groß ist wie in ihrer Übersichtsarbeit berechnet.
Wie zuverlässig sind die Ergebnisse?
Die Forschenden geben zu bedenken, dass sie nur wenige geeignete Studien für ihre Übersichtsarbeit finden konnten. Außerdem sind die Ergebnisse der einzelnen Studien aus verschiedenen Gründen sehr unsicher. Zusammen genommen macht dies auch die Ergebnisse der Übersichtsarbeit unsicher.
Welchen Alltagsbezug sehen die Forschenden in der Übersichtsarbeit?
Die Forschenden merken an, dass die Verbesserung der psychischen Gesundheit bei Beschäftigten nach einer Behandlung wohl eher an der Behandlung liegt als an der Früherkennung. Jedoch betonen sie, dass die Früherkennung der Anlass für die Behandlung war. Deshalb sind solche Untersuchungen hilfreich, wenn sie dazu führen, dass psychische Probleme bei Beschäftigten entdeckt werden und sie dann eine wirksame Behandlung erhalten. Die Forschenden betonen, dass die Untersuchungen aber gerade am Arbeitsplatz höchsten Datenschutz-Standards und absoluter Vertraulichkeit unterliegen müssen.
Was ist noch zu beachten?
Wer hat die Übersichtsarbeit finanziert?
Sechs der Forschenden erhielten finanzielle Unterstützung durch die iCare Foundation, eine gemeinnützige Organisation in Pakistan. Auftraggeberin der Übersichtsarbeit war die World Health Organization (WHO).
Berichten die Forschenden in der Übersichtsarbeit eigene Interessenkonflikte?
Die Forschenden berichten, dass folgende Interessenkonflikte bei ihnen vorliegen: Sieben der Forschenden arbeiten beim Black Dog Institute in New South Wales, Australien. Das ist ein gemeinnütziges Forschungsinstitut, das Trainings zur Förderung der psychischen Gesundheit für Organisationen anbietet.