Worum geht es?
KLARpsy-Texte bereiten Forschungsergebnisse aus der Psychologie für die Öffentlichkeit auf. Dieser KLARpsy-Text wurde von Mitarbeitenden des Leibniz-Instituts für Psychologie verfasst. Der KLARpsy-Text fasst die Übersichtsarbeit mit dem Titel Programme zur Förderung emotionaler Kompetenzen in der mittleren Kindheit. Eine Metaanalyse zusammen. Diese Übersichtsarbeit beinhaltet eine Metaanalyse. Die Übersichtsarbeit wurde 2023 veröffentlicht. Sie stammt von Avelina Lovis-Schmidt und drei weiteren Forschenden von der Technischen Universität Chemnitz.
Was war das Ziel der Übersichtsarbeit?
Hintergrund:
Für die Entwicklung von Kindern ist es wichtig, den Umgang mit Gefühlen zu lernen. Dazu gehört es, eigene und fremde Gefühle zu erkennen, zu verstehen und auszudrücken sowie die eigenen Gefühle zu beeinflussen. Wer gut mit seinen Gefühlen umgehen kann, führt gesündere Beziehungen und ist häufig gesünder und zufriedener. Förderprogramme für Schulkinder sollen daher helfen, gesund mit Konflikten, Gewalt, Stress, aber auch Ängsten umzugehen.
Forschungsfrage:
Mit ihrer Übersichtsarbeit wollten die Forschenden herausfinden:
- Helfen spezielle Förderprogramme Kindern beim gesunden Umgang mit Gefühlen?
- Welche Merkmale der Förderprogramme haben einen Einfluss darauf, wie gut die Programme helfen?
Wie sind die Forschenden in der Übersichtsarbeit vorgegangen?
Welche Studien haben die Forschenden für die Übersichtsarbeit gesucht?
Die Forschenden suchten nach Studien, die untersuchten, wie gut verschiedene Programme zum Umgang mit Gefühlen bei gesunden Kindern im Alter zwischen 6 und 12 Jahren halfen. Es wurden nur Studien eingeschlossen, die spezielle Förderprogramme für den deutschen Sprachraum und zur Anwendung in Gruppen untersuchten. Darüber hinaus mussten die teilnehmenden Kinder zufällig dem jeweiligen Förderprogramm, einem anderen Programm oder keinem Programm zugewiesen worden sein oder es musste eine Vorher-Nachher-Messung erfolgt sein.
Welche Studien haben die Forschenden für die Übersichtsarbeit gefunden?
Die Forschenden fanden insgesamt 49 Studien aus den Jahren 2003 bis 2021, deren Ergebnisse sie mit einer Metaanalyse zusammenfassen konnten. Insgesamt sind das Studienergebnisse von 27 759 Kindern. Es wurden 20 verschiedene Programme für Kinder zum Umgang mit Gefühlen untersucht.
Was haben die Forschenden in der Übersichtsarbeit gemacht?
In den 49 Studien schauten die Forschenden, wie gut die Förderprogramme den Kindern beim Umgang mit Gefühlen halfen. Dazu wurde der Umgang mit Gefühlen bei Kindern verglichen, die an einem Förderprogramm teilnahmen, die an einem anderen Programm oder gar keinem Programm teilnahmen oder es wurde ein Vorher-Nachher-Vergleich durchgeführt. Außerdem schauten die Forschenden, ob die Förderprogramme unterschiedlich gut halfen, je nachdem, ob die Eltern am Programm beteiligt waren oder nicht.
Was haben die Forschenden in der Übersichtsarbeit untersucht?
Folgende Merkmale der Teilnehmenden und Förderprogramme wurden untersucht:
- ob die Kinder an einem Förderprogramm zum Umgang mit Gefühlen teilnahmen oder nicht
- wie gut die Kinder in verschiedenen Tests zum Umgang mit Gefühlen abschnitten
- ob die Eltern ins Programm einbezogen wurden, zum Beispiel durch Elternabende oder Gespräche, oder nicht
Hinweis der KLARpsy-Autor:innen
Sollten Ihnen Begriffe in diesem Abschnitt nicht vertraut sein, finden Sie eine Erklärung im KLARsaurus-Wörterbuch.
Was sind die wichtigsten Ergebnisse?
- Insgesamt zeigten Kinder, die an einem Förderprogramm teilnahmen, einen gesünderen Umgang mit Gefühlen. Die Effektstärke Cohen’s d betrug 0.48. Das ist ein kleiner Unterschied im Umgang mit Gefühlen zwischen Kindern, die an einem Programm teilgenommen haben, und denen, die nicht an einem Programm teilgenommen haben oder zu vor dem Programm. Umgerechnet auf 100 Kinder bedeutet dies: 68 von 100 Kindern zeigten nach der Teilnahme an einem speziellen Förderprogramm einen gesünderen Umgang mit Gefühlen als der Durchschnitt der Kinder vor dem Programm oder ohne das Programm.
- Förderprogramme, die die Eltern einbinden, halfen besser als Programme ohne Beteiligung der Eltern. Die Effektstärke Cohen’s d betrug 0.45, wenn die Eltern einbezogen wurden, und 0.38, wenn sie nicht einbezogen wurden. Das sind beides kleine Effekte.
Wie lassen sich die Ergebnisse bewerten?
Was ist die Ursache für die Ergebnisse?
In der Übersichtsarbeit wurde beobachtet, dass sich der Umgang mit Gefühlen bei Kindern verbesserte, die an einem Förderprogramm teilnahmen. Wegen der Art der Studien, die berücksichtigt wurden, kann man mit hoher Sicherheit sagen, dass die Förderprogramme auch die Ursache für den gesünderen Umgang mit Gefühlen bei Kindern sind.
Sind die Ergebnisse durch eingeschränktes Veröffentlichen von Studien verzerrt?
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Worum geht es? Eindeutige Forschungsergebnisse lassen sich leichter veröffentlichen als uneindeutige Ergebnisse. Das ist für Übersichtsarbeiten problematisch. Sie können unveröffentlichte Ergebnisse nämlich nicht berücksichtigen.
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Was bedeutet das für die vorliegende Übersichtsarbeit? Die Forschenden fanden Hinweise auf solche Verzerrungen. Sie nehmen deshalb an, dass die gefundenen Unterschiede im Umgang mit Gefühlen bei Kindern tatsächlich geringer sind als in ihrer Übersichtsarbeit berechnet.
Wie zuverlässig sind die Ergebnisse?
Die Forschenden geben zu bedenken: Die Ergebnisse der einzelnen Studien waren sehr verschieden. Manche fanden größere Effekte, andere kleinere. Auch die Anzahl der Kinder, die pro Studie an dem Programm teilnahmen, schwankte zwischen den Studien stark. Für einige Förderprogramme lagen zudem nur wenige Studien zu deren Wirksamkeit vor. Es wurden daher auch Studien eingeschlossen, an denen Kinder unter 6 Jahre und über 12 Jahren teilnahmen. Die Ergebnisse der Metaanalyse sind dadurch unsicher.
Welchen Alltagsbezug sehen die Forschenden in der Übersichtsarbeit?
Programme, die einen gesunden Umgang mit Gefühlen bei Kindern fördern sollen, tun dies auch. Mit Förderprogrammen an Schulen können bereits in jungen Jahren viele Kinder erreicht werden. Der Einbezug von Eltern in das jeweilige Programm ist hilfreich.
Was ist noch zu beachten?
Wer hat die Übersichtsarbeit finanziert?
Die frei zugängliche Veröffentlichung der Metaanalyse wurde durch die Technische Universität Chemnitz gefördert.
Berichten die Forschenden in der Übersichtsarbeit eigene Interessenkonflikte?
Die Forschenden machen keine Angaben dazu, ob bei ihnen ein Interessenkonflikt vorliegt.