Worum geht es?
KLARpsy-Texte bereiten Forschungsergebnisse aus der Psychologie für die Öffentlichkeit auf. Dieser KLARpsy-Text wurde von Mitarbeitenden des Leibniz-Instituts für Psychologie verfasst. Der KLARpsy-Text fasst die Übersichtsarbeit mit dem Titel The Unpleasantness of Thinking: A Meta-Analytic Review of the Association Between Mental Effort and Negative Affect zusammen. Diese Übersichtsarbeit beinhaltet eine Metaanalyse. Die Übersichtsarbeit wurde 2024 veröffentlicht. Sie stammt von Louise David und zwei weiteren Forschenden von der Radboud Universität in den Niederlanden.
Was war das Ziel der Übersichtsarbeit?
Hintergrund:
Es gibt verschiedene wissenschaftliche Theorien zum Thema „Anstrengung“. Sie besagen zum Beispiel, dass Menschen sich grundsätzlich nicht gerne anstrengen, sondern nur, wenn es sich für sie lohnt. Die Theorien gehen also davon aus, dass Anstrengung von Natur aus unangenehm ist. Das gilt auch für geistige Anstrengung, wie Personen sie empfinden, wenn sie beispielsweise tief nachdenken oder sich konzentrieren müssen. Ob Menschen geistige Anstrengung tatsächlich als unangenehm erleben, wurde noch nicht umfassend untersucht.
Forschungsfrage:
Mit ihrer Übersichtsarbeit wollten die Forschenden herausfinden: Hängt geistige Anstrengung mit schlechter Stimmung zusammen? Oder hängt geistige Anstrengung nur unter bestimmten Umständen mit einer schlechteren Stimmung zusammen?
Wie sind die Forschenden in der Übersichtsarbeit vorgegangen?
Welche Studien haben die Forschenden für die Übersichtsarbeit gesucht?
Die Forschenden suchten nach Studien, in denen die Teilnehmenden eine Denkaufgabe lösen mussten und danach einen bestimmten wissenschaftlichen Fragebogen ausfüllten. Dieser Fragebogen misst unter anderem, wie anstrengend sich eine Aufgabe anfühlt und als wie belastend Personen die Aufgabe empfinden.
Welche Studien haben die Forschenden für die Übersichtsarbeit gefunden?
Die Forschenden fanden insgesamt 170 Studien aus den Jahren 2019 bis 2021. Insgesamt sind das Studienergebnisse von 4 670 Personen. Die Studien kamen aus 27 verschiedenen Ländern, vor allem aus Europa, Nordamerika und Asien.
Was haben die Forschenden in der Übersichtsarbeit gemacht?
In den 170 Studien schauten die Forschenden, ob die Stimmung der Personen schlechter war, je geistig anstrengender sie ihre Aufgabe bewertet hatten.
Was haben die Forschenden in der Übersichtsarbeit untersucht?
Folgende Merkmale wurden untersucht:
- Empfundene geistige Anstrengung während der Aufgabe: „Wie hart mussten Sie arbeiten, um Ihr Leistungsniveau zu erreichen?“
- Stimmung während dem Lösen der Aufgabe: „Wie unsicher, entmutigt, gereizt, gestresst und verärgert waren Sie?“
- Umstände, die Einfluss auf den Zusammenhang haben könnten:
- Höchster Bildungsabschluss
- Kontinent und Land
- Unterschiedliche Aufgaben:
- Ob die Teilnehmenden während der Aufgabe Feedback zu ihrer Leistung bekamen
- Ob die Aufgabe in sich abgeschlossen war
- Weitere Faktoren:
- Alter
- Dauer der Aufgabe
Hinweis der KLARpsy-Autor:innen
Sollten Ihnen Begriffe in diesem Abschnitt nicht vertraut sein, finden Sie eine Erklärung im KLARsaurus-Wörterbuch.
Was sind die wichtigsten Ergebnisse?
- Anstrengung und schlechte Stimmung hingen zusammen. Je anstrengender die Aufgabe für die Personen war, desto schlechter war ihre Stimmung danach. Das
Regressionsgewicht Beta betrug 0.85. Das ist ein starker Zusammenhang. - In Studien aus Asien war dieser Zusammenhang auch vorhanden, aber weniger stark als in Studien aus Europa oder aus Nordamerika.
- Keiner der anderen untersuchten Umstände oder Faktoren hatte einen Einfluss auf den Zusammenhang zwischen geistiger Anstrengung und schlechter Stimmung. Es machte also zum Beispiel keinen Unterschied, wie alt die Personen waren – geistige Anstrengung hing bei allen mit schlechterer Stimmung zusammen.
Wie lassen sich die Ergebnisse bewerten?
Was ist die Ursache für die Ergebnisse?
In der Übersichtsarbeit wurde ein Zusammenhang zwischen geistiger Anstrengung und schlechter Stimmung beobachtet. Wegen der Art der Studien, die berücksichtigt wurden, weiß man nur, dass es diesen Zusammenhang gibt. Man kann aber nicht sicher sagen, dass die Anstrengung die schlechte Stimmung verursacht. Der Zusammenhang könnte auch anders zustande kommen. Zum Beispiel könnte schlechtere Stimmung dazu führen, dass Personen Aufgaben generell anstrengender finden.
Sind die Ergebnisse durch eingeschränktes Veröffentlichen von Studien verzerrt?
- Worum geht es? Eindeutige Forschungsergebnisse lassen sich leichter veröffentlichen als uneindeutige Ergebnisse. Das ist für Übersichtsarbeiten problematisch. Sie können unveröffentlichte Ergebnisse nämlich nicht berücksichtigen.
- Was bedeutet das für die vorliegende Übersichtsarbeit? Die Forschenden gehen davon aus, dass diese Art der Verzerrung auf ihre Übersichtsarbeit nicht zutrifft, weil der von ihnen untersuchte Zusammenhang nicht im Fokus der Einzelstudien stand. Deswegen ist es unwahrscheinlich, dass zu diesem Zusammenhang nur bestimmte Studien veröffentlicht wurden. Die Forschenden vermuten daher, dass der Zusammenhang ähnlich groß ist wie in ihrer Übersichtsarbeit berichtet.
Wie zuverlässig sind die Ergebnisse?
Bei Fragebogenuntersuchungen gibt es verschiedene methodische Schwierigkeiten. Zum Beispiel können die Daten durch die
Welchen Alltagsbezug sehen die Forschenden in der Übersichtsarbeit?
Die Ergebnisse könnten zum Beispiel für Lehrende, Ausbildende oder Führungskräfte nützlich sein. In einem Umfeld, in dem sich die Personen häufig geistig anstrengen müssen, kann es helfen, die Kosten dieser Anstrengung, nämlich die schlechtere Stimmung, auszugleichen oder ihnen entgegenzuwirken. Zum Beispiel dadurch, dass geistig anstrengende Aufgaben gut strukturiert werden. Oder dadurch, dass man geistig anstrengende Aufgaben mit praktischen Aufgaben abwechselt und den Mitarbeitenden oder Studierenden den Nutzen der Aufgabe deutlich macht.
Was ist noch zu beachten?
Wer hat die Übersichtsarbeit finanziert?
In der Übersichtsarbeit stehen keine Angaben dazu, wie sie finanziert wurde.
Berichten die Forschenden in der Übersichtsarbeit eigene Interessenkonflikte?
Die Forschenden machen keine Angaben dazu, ob bei ihnen ein