Worum geht es?
KLARpsy-Texte bereiten Forschungsergebnisse aus der Psychologie für die Öffentlichkeit auf. Dieser KLARpsy-Text wurde von Mitarbeitenden des Leibniz-Instituts für Psychologie verfasst. Der KLARpsy-Text fasst die Übersichtsarbeit mit dem Titel Susceptibility to online misinformation: A systematic meta-analysis of demographic and psychological factors zusammen. Diese Übersichtsarbeit beinhaltet eine Metaanalyse. Die Übersichtsarbeit wurde 2024 veröffentlicht. Sie stammt von Mubashir Sultan und sechs weiteren Forschenden vom Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin und fünf weiteren Instituten in Deutschland und Norwegen.
Was war das Ziel der Übersichtsarbeit?
Hintergrund:
Wenn Personen Falschnachrichten glauben, kann das verheerende Auswirkungen haben – etwa, wenn es um Politik oder Gesundheit geht. Trotz vieler Studien ist unklar, welche Personen eher Falschnachrichten glauben oder aber Falschnachrichten als solche erkennen. Frühere Studien dazu betrachteten meist nur einzelne Merkmale wie das Alter oder die politische Einstellung. Das führte zu teils widersprüchlichen Ergebnissen.
Forschungsfrage:
Mit ihrer Übersichtsarbeit wollten die Forschenden herausfinden:
- Welche Merkmale hängen damit zusammen, ob Personen Falschnachrichten erkennen?
- Welche Merkmale hängen mit der Neigung zusammen, Nachrichten allgemein eher als wahr oder falsch einzuschätzen?
Wie sind die Forschenden in der Übersichtsarbeit vorgegangen?
Welche Studien haben die Forschenden für die Übersichtsarbeit gesucht?
Die Forschenden suchten nach Studien aus den USA, in denen Erwachsene Nachrichten-Schlagzeilen zu lesen bekamen. Die Schlagzeilen mussten so aussehen, als wären sie in sozialen Medien, zum Beispiel Facebook, veröffentlicht worden. Die Personen mussten dann bewerten, ob die Informationen der Schlagzeilen wahr oder falsch sind.
Welche Studien haben die Forschenden für die Übersichtsarbeit gefunden?
Die Forschenden fanden insgesamt 31 Studien aus den Jahren 2019 bis 2023, deren Ergebnisse sie zu einer Metaanalyse zusammenfassen konnten. Das sind insgesamt Ergebnisse von 11 561 Erwachsenen aus den USA.
Was haben die Forschenden in der Übersichtsarbeit gemacht?
In den 31 Studien schauten die Forschenden, wie Merkmale von Personen, zum Beispiel ihr Alter, damit zusammenhingen, wie gut sie Falschnachrichten erkennen können. Und ob sie dazu neigen, Nachrichten allgemein eher als wahr oder falsch einzuschätzen.
Was haben die Forschenden in der Übersichtsarbeit untersucht?
Die Forschenden untersuchten unter anderem folgende Merkmale:
- Alter
- jung: 18 bis 31 Jahre
- mittleres Alter: 32 bis 47 Jahre
- höheres Alter: ab 48 Jahre
- Politische Einstellung:
- eher links: Anhänger:innen der demokratischen Partei
- eher rechts: Anhänger:innen der republikanischen Partei
- Neigung zum
analytischen Denken - Stimmen die Nachrichten mit den eigenen Überzeugungen überein?
- Fähigkeit, Falschnachrichten zu erkennen
- Neigung, Nachrichten allgemein eher als wahr oder falsch einzuschätzen
Hinweis der KLARpsy-Autor:innen
Sollten Ihnen Begriffe in diesem Abschnitt nicht vertraut sein, finden Sie eine Erklärung im KLARsaurus-Wörterbuch.
Was sind die wichtigsten Ergebnisse?
- Das Alter hing mit der Fähigkeit zusammen, Falschnachrichten zu erkennen. Das
Regressionsgewicht Beta betrug 0.38. Das ist ein mittelgroßer Zusammenhang. Je älter die Personen, desto eher erkannten sie Falschnachrichten. - Je älter Personen waren, desto eher neigten sie dazu, Nachrichten als falsch einzuschätzen. Beta betrug hier 0.19. Das ist ein kleiner Zusammenhang.
- Auch die politische Einstellung hing mit der Fähigkeit zusammen, Falschnachrichten zu erkennen. Das Regressionsgewicht Beta betrug 0.42. Das ist ein mittelgroßer Zusammenhang. Wenn Personen eher links eingestellt sind, erkannten sie besser Falschnachrichten.
- Wer politisch eher rechts eingestellt war, neigte eher dazu, Nachrichten als wahr anzusehen. Beta betrug 0.12. Das ist ein kleiner Zusammenhang.
- Die Neigung zum
analytischen Denken hing mit der Fähigkeit zusammen, Falschnachrichten zu erkennen. Das Regressionsgewicht Beta betrug 0.66. Das ist ein großer Zusammenhang. Wer zum analytischen Denken neigte, erkannte eher Falschnachrichten. - Wer eher analytisch dachte, schätzte Nachrichten generell auch eher als falsch ein. Beta betrug hier 0.19. Das ist ein kleiner Zusammenhang.
- Allgemein schätzten Personen Nachrichten eher als wahr ein, wenn sie den eigenen Überzeugungen entsprachen. Beta betrug hier 0.29. Das ist ein kleiner bis mittelgroßer Zusammenhang.
Wie lassen sich die Ergebnisse bewerten?
Was ist die Ursache für die Ergebnisse?
In der Übersichtsarbeit wurden Zusammenhänge zwischen Merkmalen von Personen und ihrer Einschätzung von Nachrichten beobachtet. Wegen der Art der Studien, die berücksichtigt wurden, weiß man nur, dass es diese Zusammenhänge gibt. Man kann aber nicht sicher sagen, dass diese Merkmale auch die Ursache dafür sind, dass Personen Nachrichten anders einschätzen.
Sind die Ergebnisse durch eingeschränktes Veröffentlichen von Studien verzerrt?
- Worum geht es? Eindeutige Forschungsergebnisse lassen sich leichter veröffentlichen als uneindeutige Ergebnisse. Das ist für Übersichtsarbeiten problematisch. Sie können unveröffentlichte Ergebnisse nämlich nicht berücksichtigen.
- Was bedeutet das für die vorliegende Übersichtsarbeit? Die Forschenden machen keine Angaben dazu, ob es Hinweise auf solche Verzerrungen gibt. Ob bestimmte Merkmale tatsächlich in dem berichteten Ausmaß anfälliger für Falschnachrichten machen, bleibt damit unklar.
Wie zuverlässig sind die Ergebnisse?
Die Forschenden geben zu bedenken, dass ihre Übersichtsarbeit ausschließlich Studien aus den USA einbezieht. In den USA gibt es traditionell ein Zwei Parteien-System. Unterschiede zwischen Anhänger:innen der Demokratischen und Republikanischen Partei spielen eine große Rolle. Die Ergebnisse lassen sich nicht unbedingt auf andere Länder und Kulturkreise übertragen. Das gilt daher auch für den europäischen Raum.
Welchen Alltagsbezug sehen die Forschenden in der Übersichtsarbeit?
Die Forschenden schließen aus der Übersichtsarbeit, dass unter anderem das Alter, die politische Einstellung und die Denkweise beeinflussen, wie gut Personen Falschnachrichten erkennen können. Ältere Menschen scheinen darin eher besser zu sein als jüngere, obwohl sie als weniger digital erfahren gelten. Dabei sind Falschnachrichten vor allem online sehr verbreitet. Problematisch ist, dass eigene Überzeugungen die Wahrnehmung von Nachrichten stark verzerren können. Die Forschenden merken an, dass gezielte Medienbildung wichtig ist, um den Einfluss von Falschnachrichten zu begrenzen.
Was ist noch zu beachten?
Wer hat die Übersichtsarbeit finanziert?
Zwei der Forschenden wurden von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanziell gefördert. Zwei weitere erhielten finanzielle Unterstützung durch die Volkswagen Stiftung.
Berichten die Forschenden in der Übersichtsarbeit eigene Interessenkonflikte?
Die Forschenden geben an, dass sie keinen