Wie hängt die wahrgenommene Bedrohung durch Vorurteile mit verschiedenen Bereichen des Arbeitslebens zusammen?

Worum geht es?

KLARpsy-Texte bereiten Forschungsergebnisse aus der Psychologie für die Öffentlichkeit auf. Dieser KLARpsy-Text wurde von Mitarbeitenden des Leibniz-Instituts für Psychologie verfasst. Der KLARpsy-Text fasst die Übersichtsarbeit mit dem Titel Stereotype Threat at Work: A Meta-Analysis zusammen. Diese Übersichtsarbeit beinhaltet eine Metaanalyse. Die Übersichtsarbeit wurde 2024 veröffentlicht. Sie stammt von Courtney von Hippel und fünf weiteren Forschenden von einer Universität in Queensland in Australien und zwei weiteren Instituten in Deutschland und Singapur.

Was war das Ziel der Übersichtsarbeit?

Hintergrund:

können die Leistung in verschiedenen Bereichen beeinträchtigen. Bisher wurde das vor allem im Labor untersucht. Dabei ist das Thema gerade im Arbeitsalltag von Bedeutung. Hier müssen Menschen Leistungen bei stärkerem Druck und mehr sozialen Herausforderungen erbringen. Umso wichtiger ist es, einen Überblick über die vorhandene Forschung zur Bedrohung durch Vorurteile im Arbeitsleben zu gewinnen.

Forschungsfrage:

Mit ihrer Übersichtsarbeit wollten die Forschenden herausfinden: Wie hängt die wahrgenommene Bedrohung durch Vorurteile mit verschiedenen Bereichen des Arbeitslebens zusammen?

Wie sind die Forschenden in der Übersichtsarbeit vorgegangen?

Welche Studien haben die Forschenden für die Übersichtsarbeit gesucht?

Die Forschenden suchten nach Studien, die die und den Zusammenhang mit verschiedenen Bereichen des Arbeitslebens erfassten. Dabei sollten die Studien Personen untersuchen, die berufstätig waren.

Welche Studien haben die Forschenden für die Übersichtsarbeit gefunden?

Die Forschenden fanden insgesamt 48 Studien aus den Jahren 2003 bis 2023, deren Ergebnisse sie mit einer Metaanalyse zusammenfassen konnten. Insgesamt sind das Studienergebnisse von 40 134 Erwerbstätigen.

Was haben die Forschenden in der Übersichtsarbeit gemacht?

In den 48 Studien schauten die Forschenden, wie die Bedrohung durch Vorurteile mit verschiedenen Bereichen des Arbeitslebens zusammenhing.

Was haben die Forschenden in der Übersichtsarbeit untersucht?

Die Forschenden untersuchten unter anderem folgende Merkmale:

• Wahrgenommene
• Bewältigungsverhalten, zum Beispiel Feedback einholen
• Karrierebezogenes Verhalten, zum Beispiel berufliche Ziele, Aufstiegsmöglichkeiten
• Arbeitseinstellung, zum Beispiel , Arbeitszufriedenheit
• Arbeitsleistung
• Wohlbefinden am Arbeitsplatz
• Rückzugsverhalten am Arbeitsplatz, zum Beispiel Kündigungsabsicht

Hinweis der KLARpsy-Autor:innen

Sollten Ihnen Begriffe in diesem Abschnitt nicht vertraut sein, finden Sie eine Erklärung im KLARpsy-Wörterbuch.

Was sind die wichtigsten Ergebnisse?

• Die hing mit dem Bewältigungsverhalten am Arbeitsplatz zusammen. Die betrugen zwischen 0.15. und 0.24. Das sind kleine bis mittelgroße Zusammenhänge. Je stärker Personen die Bedrohung wahrgenommen haben, desto mehr Bewältigungsverhalten zeigten sie.
• Auch das karrierebezogene Verhalten hing mit der Bedrohung durch Vorurteile zusammen. Die Korrelation Rho betrug für berufliche Ziele 0.25. Das ist ein kleiner Zusammenhang. Je stärker Personen die Bedrohung wahrgenommen haben, desto niedriger waren ihre beruflichen Ziele. Die beruflichen Aufstiegsmöglichkeiten hingen nicht bedeutsam mit der Bedrohung zusammen.
• Die Bedrohung durch Vorurteile hing negativ mit der Arbeitseinstellung zusammen. Die Korrelationen Rho betrugen zwischen 0.30 und 0.34. Das sind mittelgroße Zusammenhänge. Je stärker die Personen die Bedrohung wahrgenommen haben, desto schlechter war ihre Arbeitseinstellung.
• Die Leistung hing ebenfalls negativ mit der Bedrohung durch Vorurteile zusammen. Die Korrelationen Rho betrugen zwischen 0.29 und 0.35. Das sind mittelgroße Zusammenhänge. Je stärker die Personen die Bedrohung wahrgenommen haben, desto schlechter war ihre Leistung.
• Mit dem Wohlbefinden hing die Bedrohung durch Vorurteile ebenfalls zusammen. Die Korrelationen Rho betrugen zwischen 0.34 und 0.47. Das sind kleine bis mittelgroße Zusammenhänge. Je stärker die Personen die Bedrohung wahrgenommen haben, desto stärker waren Erschöpfung und negative Stimmung und desto geringer die positive Stimmung.
• Die Bedrohung durch Vorurteile hing auch mit dem Rückzugsverhalten zusammen. Die Korrelation Rho betrug für Kündigungsabsichten 0.34. Das ist ein mittelgroßer Zusammenhang. Je stärker die Personen die Bedrohung wahrgenommen haben, desto stärker waren auch die Kündigungsabsichten.

Wie lassen sich die Ergebnisse bewerten?

Was ist die Ursache für die Ergebnisse?

In der Übersichtsarbeit wurden mehrere Zusammenhänge zwischen der und Bereichen des Arbeitslebens beobachtet. Wegen der Art der Studien, die berücksichtigt wurden, weiß man nur, dass es diese Zusammenhänge gibt. Man kann aber nicht sicher sagen, dass die Bedrohung auch die Ursache dafür ist. Es könnte zum Beispiel auch umgekehrt sein: Dass etwa eine negative Stimmung eher dazu führt, dass Personen sich durch Vorurteile bedroht fühlen.

Sind die Ergebnisse durch eingeschränktes Veröffentlichen von Studien verzerrt?

• Worum geht es? Eindeutige Forschungsergebnisse lassen sich leichter veröffentlichen als uneindeutige Ergebnisse. Das ist für Übersichtsarbeiten problematisch. Sie können unveröffentlichte Ergebnisse nämlich nicht berücksichtigen.
• Was bedeutet das für die vorliegende Übersichtsarbeit? Die Forschenden fanden Hinweise auf solche Verzerrungen nur bei der . Sie haben sich bemüht, diese Verzerrungen zu berücksichtigen. Sie nehmen deshalb an, dass die Zusammenhänge zwischen der Bedrohung durch Vorurteile und verschiedenen Bereichen des Arbeitslebens tatsächlich ähnlich groß sind wie in ihrer Übersichtsarbeit berechnet.

Wie zuverlässig sind die Ergebnisse?

Die Forschenden geben zu bedenken: Die Bereiche des Arbeitslebens wurden größtenteils über Selbsteinschätzungen erfasst. Diese sind sehr persönlich. Zudem war die Messung der Bedrohung durch Vorurteile nicht genau. Sie erfasste nur, ob Personen eine Bedrohung durch Vorurteile wahrnehmen, jedoch nicht, wie es ihnen damit geht. Dadurch bleibt offen, ob und wie stark die Vorurteile für die Personen belastend waren.

Welchen Alltagsbezug sehen die Forschenden in der Übersichtsarbeit?

Die kann erhebliche Folgen für die berufliche Entwicklung und psychische Gesundheit von Erwerbstätigen haben. Arbeitgeber:innen sollten daher eine unterstützende Arbeitsumgebung schaffen. Dazu können Maßnahmen wie Trainings eingesetzt werden, die Selbstvertrauen stärken und den Druck verringern, die Erwartungen anderer erfüllen oder widerlegen zu müssen.

Was ist noch zu beachten?

Wer hat die Übersichtsarbeit finanziert?

Zwei Forschende wurden während der Erstellung der Übersichtsarbeit durch das Australian Research Council, eine australische staatliche Organisation, gefördert.

Berichten die Forschenden in der Übersichtsarbeit eigene Interessenkonflikte?

Die Forschenden berichten, dass keine bei ihnen vorliegen.